Die Ziele der Curiosity-Mission

Welche wissenschaftlichen und technologischen Ziele verfolgt die US-amerikanische Weltraumbehörde NASA mit der Mission des Marsrovers Curiosity?

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: NASA.

Im Laufe der Jahrzehnte wandelte sich die Vorstellung der Menschheit vom Mars rapide. Aus einer Welt, welche uns noch vor 40 Jahren als offensichtlich „knochentrocken“ erschien, wurde dank der neuen, durch verschiedene Missionen gewonnenen Forschungsergebnisse langsam ein Planet, welcher in seiner Vergangenheit eventuell über große Wasserreservoirs an seiner Oberfläche verfügte. Zukünftige Missionen müssen zeigen, ob dieses Bild tatsächlich der Realität entspricht und ob sich (auch) aufgrund dieses „Wasserreichtums“ einstmals extraterrestrisches Leben auf dem Mars entwickelt haben könnte. Dies zu untersuchen ist das primäre Ziel der Rovermission Curiosity.
(Bild: Teemu Makinen / Finnish Meteorological Institute)

Die beiden unmittelbaren „Vorgänger“ des Marsrovers Curiosity, die im Jahr 2003 gestarteten Rover Spirit und Opportunity, sollten die geologischen und geochemischen Bedingungen in ihren jeweiligen Landegebieten erforschen und dabei unter anderem nach Hinweisen auf ehemals dort vorhandenes Wasser suchen, dessen Vorhandensein als eine der Grundvoraussetzungen für die Entstehung und eventuelle Weiterentwicklung von Leben gilt. Entsprechend dieser Zielsetzung und der daraus resultierenden instrumentellen Ausstattung werden diese beiden Marsrover von den Planetenforschern auch als „Robotgeologen“ bezeichnet. Im Rahmen ihrer jeweils mehrjährigen Erforschung des Mars konnten sowohl Spirit als auch Opportunity mehrfach beeindruckende Beweise dafür liefern, dass die Oberfläche unseres Nachbarplaneten zumindestens zeitweise mit flüssigem Wasser interagierte und dabei von diesem chemisch beeinflusst und verändert wurde.

Die Curiosity-Mission baut auf diesen Erkenntnissen auf, stellt jedoch zudem auch eine Weiterentwicklung der wissenschaftlichen Zielsetzung dar. Aus diesem Grund handelt es sich bei der Curiosity-Mission um keine rein geologisch orientierte Forschungsmission. Vielmehr soll der Rover auf dem Mars neben der Untersuchung der dortigen Wasser- und Kohlendioxidkreisläufe sowie der Analyse der chemischen, isotopischen und mineralogischen Zusammensetzung der Marsoberfläche und der oberflächennahen Bodenschicht in erster Linie nach organischen Kohlenstoffverbindungen und chemischen Lebensbausteinen suchen, welche die Vorstufen des Lebens bilden.

Doug McCuistion, der Leiter des Marsforschungsprogramms der NASA, äußerte sich in diesem Zusammenhang wie folgt: „Unser Verständnis davon, welche Rolle das Wasser auf dem Mars spielte, hat sich in den letzten 10 Jahren dramatisch gewandelt. Anfangs haben wir auf dem Mars lediglich nach Spuren von Wasser gesucht. Jetzt suchen wir dort nach Spuren von Leben.“

Curiosity wird nicht in der Lage sein, eventuell in der Gegenwart auf dem Mars existierende Lebensformen direkt nachzuweisen. Allerdings können die verschiedenen Instrumente des Rovers Hinweise auf Biosignaturen liefern. Die Entdeckung einer den auf der Erde auftretenden Stromatolithen ähnelnden Struktur (hier eine Aufnahme einer Stromatolithenkolonie in der westaustralischen Shark Bay) wäre dabei allerdings mehr als nur eine simple wissenschaftliche Sensation und dürfte zu ausgedehnten und kontrovers geführten Debatten innerhalb der Gemeinde der Wissenschaftler führen.
(Bild: Paul Harrison / Wikipedia)

Das allgemeine Ziel der Curiosity-Mission besteht dabei erklärterweise darin, zu erforschen, ob auf dem Mars einstmals „lebensfreundliche“ Bedingungen herrschten, welche theoretisch die Entstehung von mikrobiologischen Lebensformen ermöglichten und ob es eventuell sogar denkbar ist, dass die derzeit auf dem Mars vorherrschenden Umweltbedingungen auch noch in der Gegenwart die Existenz solcher Lebensformen ermöglichen könnten.

Ein direkter Nachweis eventuell existierender Lebensformen ist dabei im Rahmen der Curiosity-Mission allerdings nicht vorgesehen. Weder können die verschiedenen Spektrometer und Analysegeräte des Rovers die verschiedenen vitalen Prozesse nachweisen, mit denen sich ein eventuell stattfindender, durch Mikroben ausgelöster Stoffwechsel verraten würde, noch verfügen die verschiedenen Kamerasysteme – einschließlich eines mitgeführten und am Instrumentenarm des Rovers befestigten Mikroskops – über die benötigte Auflösung, um solche Mikroorganismen oder deren fossilen Überreste bildlich darzustellen. Eine Meldung wie „Leben auf dem Mars entdeckt“ wird somit aller Wahrscheinlichkeit nach den erst den zu späteren Zeitpunkten zum Mars aufbrechenden Missionen vorbehalten bleiben – vorausgesetzt der Mars war überhaupt jemals ein Ort, auf dem sich Leben bilden konnte.

Aus dieser übergeordneten Fragestellung „War der Mars einstmals lebensfreundlich“ leiten sich die acht und teilweise miteinander verflochtenen wissenschaftlichen Aufgaben der Mission ab, für deren Erfüllung Curiosity die Oberfläche und die Atmosphäre des Mars im Bereich seines Landegebietes über einen Zeitraum von mindestens 24 Monaten mit insgesamt 10 wissenschaftlichen Instrumenten näher untersuchen soll:

  • An erster Stelle steht dabei die Suche der Wissenschaftler nach komplexen kohlenstoffhaltigen organischen Verbindungen, welche sich eventuell direkt auf oder unmittelbar unter der Oberfläche unseres Nachbarplaneten befinden. Sollten im Rahmen der Mission solche organische Verbindungen nachgewiesen werden, so könnten diese eventuell biologischen Ursprungs sein. Als eine andere Quelle kommen jedoch zum Beispiel auch eine bestimmte Meteoritenart, die sogenannten Kohligen Chondrite, oder Kometenkerne in Frage, welche solche organischen Verbindungen eigentlich regelmäßig auf die Oberfläche des Mars transportieren sollten. Mit den bisher auf der Marsoberfläche aktiven Rovern und Landern konnten in der Vergangenheit noch keine solche Verbindungen nachgewiesen werden.
  • Des weiteren werden die Instrumente von Curiosity nach Biosignaturen und Oberflächenstrukturen wie zum Beispiel Stromatolithen Ausschau halten, welche auf einstmals oder gegenwärtig stattfindende biologische Prozesse hindeuten könnten.
  • Eine weitere Forschungsaufgabe besteht in der Suche nach den „Grundbausteinen des Lebens“ – verschiedener chemischer Elemente, welche nach dem heutigen Verständnis für die Entstehung von Leben unabdingbar sind – und der Bestimmung von deren quantitativen Mengenanteilen. Wie viel Wasserstoff, Kohlenstoff, Stickstoff, Sauerstoff, Phosphor und Schwefel sind in den Gesteinen und in der Atmosphäre des Mars enthalten? Wie verteilen sich diese Stoffe und welchen Kreisläufen unterliegen sie?
  • Darauf baut die Untersuchung der Marsoberfläche hinsichtlich ihrer mineralogischen und chemischen Zusammensetzung auf, welche unter anderem durch die Bestimmung der vorherrschenden Isotopenverhältnisse ermittelt werden soll.
  • Hiermit einher geht die Erforschung der verschiedenen Prozesse, welche im Laufe der Jahrmilliarden die Oberfläche des Mars beeinflusst und zur Ausbildung und Veränderung der Gesteine und Böden geführt haben.
  • Zudem gilt das spezielle Interesse der an der Mission beteiligten Wissenschaftler der Ermittlung der aktuellen Verteilung von Wasser und Kohlendioxid und der mit diesen Stoffen verbundenen Kreisläufe auf der Planetenoberfläche und in der Atmosphäre des Mars.
  • Dies überschneidet sich teilweise mit den Interessen der Atmosphärenforscher, welche den Zustand und die Entwicklung der Marsatmosphäre näher untersuchen wollen.
  • Das achte Missionsziel besteht in der Charakterisierung des breiten Spektrums der kosmischen Strahlung, welche die Marsoberfläche gegenwärtig erreicht und dabei die eventuell dort vorkommenden organischen Verbindungen zersetzt. Zu diesem Zweck wird eines der mitgeführten wissenschaftlichen Instrumente – der Strahlendetektor RAD – die Intensität der einfallenden kosmischen Strahlung und der Sonnenstrahlung ermitteln. Diese Messungen werden dabei allerdings nicht ausschließlich bei der Beantwortung der Frage hilfreich sein, ob in der Gegenwart primitive Lebensformen auf dem Mars existieren könnten. Vielmehr dienen die zu gewinnenden Daten auch der Planung einer zukünftigen bemannten Mission zu unserem äußeren Nachbarplaneten. Die gewonnenen Erkenntnisse werden unter anderem dazu dienen, die zu erwartenden Strahlungsdosen zu ermitteln, denen die Raumfahrer bei zukünftigen Marsmissionen auf der Planetenoberfläche ausgesetzt sein werden.

Aber auch aus technologischer Sicht verfolgt die NASA mit der Curiosity-Mission drei überaus anspruchsvolle Ziele:

  • Zum einen soll nachgewiesen werden, dass es möglich ist, einen massereichen Rover sicher auf der Oberfläche unseres Nachbarplaneten zu landen. Immerhin handelt es sich bei Curiosity um das schwerste bisher von der Menschheit zum Mars gesandte Objekt, welches die Marsoberfläche gezielt erreichen und anschließend untersuchen soll. Diese Demonstration ist unter anderem für die weitere Planung einer Mars Sample Return-Mission von Bedeutung, in deren Rahmen Gesteinsproben vom Mars entnommen und anschließend zwecks eingehender Analyse zur Erde transportiert werden sollen.
  • Ein weiteres technologisches Ziel besteht in dem Nachweis der Fähigkeit, auf dem Mars eine Präzisionslandung zu vollführen, wobei der Durchmesser der angestrebten Landeellipse lediglich 20 Kilometer beträgt. Mit dem angewandten „SkyCrane“-Verfahren kommt hierbei zudem ein niemals zuvor in der Geschichte der Erforschung des Weltalls praktiziertes Landeverfahren zum Einsatz. Diese Premiere wird bestimmt nicht zu Unrecht nicht nur von der interessierten Öffentlichkeit voller Spannung erwartet.
  • Des weiteren soll im Verlauf der Mission demonstriert werden, dass man in der Lage ist, einen Rover über eine Distanz von bis zu 20 Kilometern über den Mars zu dirigieren. In Anbetracht der unerwarteten Erfolge der Rover Spirit und Opportunity erscheint dieses Ziel für die interessierte Öffentlichkeit vielleicht fast schon trivial. Allerdings muss hierbei bedacht werden, dass selbst die größten Optimisten bis heute immer noch von der Langlebigkeit des Rovers Opportunity, welcher bis zum Juni 2012 mehr als 34 Kilometer auf dem Mars zurücklegte, überrascht sind. Zudem verfügt Curiosity über ein deutlich fortgeschritteneres autonomes Navigationssystem als seine beiden Vorgänger, welches seine Funktionalität jedoch erst noch in der Praxis unter Beweis stellen muss.

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