Dream Chaser mit europäischer Beteiligung?

Die jüngsten Erfolge bei Entwicklung und Erprobung eines Dream Chaser genannten Raumgleiters der US-Firma Sierra Nevada Corporation sowie die Verlängerung der Betriebsdauer der Internationalen Raumstation haben offenbar Gespräche zwischen der SNC und Vertretern der ESA bzw. europäischer Firmen über eine Kooperation in Gang gesetzt.

Ein Beitrag von Günther Glatzel. Quelle: ESA, SNC, NASA, Wikipedia.

NASA
Dream Chaser (Illustration)
(Bild: NASA)

In diesem Jahr wird das fünfte und letzte Automated Transfer Vehicle (ATV) der ESA Fracht zur Internationalen Raumstation transportieren. Ursprünglich sollte deren Betrieb 2015 enden. Nun hat man die Betriebsdauer allerdings bis 2020 verlängert und eine weitere Expansion bis 2024 und darüber hinaus kündigt sich an. Die ESA als Miteigentümer ist auch zu Dienstleistungen wie Materialtransport verpflichtet. Da eine Eigenentwicklung in kurzer Zeit nicht in Frage kommt und obendrein zu teuer wäre, strebt man nun offenbar nach einer Beteiligung an einem anderen Projekt.

In den 1980er Jahren testete die Sowjetunion mehrere geometrische Prototypen eines kleinen Raumtransporters (BOR 4 bzw. BOR 6), dessen Form später zugunsten der des Buran (BOR 5) aufgegeben wurde. Untersuchungen der NASA zu dessen Flugeigenschaften bei unterschiedlichen Geschwindigkeiten ergaben positive Eigenschaften und so wurde auf der Basis vorheriger Erfahrungen mit HL 20 ein ähnliches Projekt angestoßen. Es sollte zur Versorgung der geplanten US-Raumstation Freedom dienen. Studien und aerodynamische Untersuchungen liefen bei der NASA und beuaftragten Institutionen von Mitte der 1980er Jahre bis Ende 1991. Ende 2004 kündigte die Firma SpaceDev die Entwicklung eines Raumtransporters auf der Basis des HL-20-Konzepts an. Mit diesem Konzept beteiligte man sich an verschiedenen staatlichen Wettbewerben der USA um Material und Personentransport zur Internationalen Raumstation (COTS, CCDev, CCiCap) und erhielt auch Fördermittel in dreistelliger Millionenhöhe. Nach Übernahme von SpaceDev durch die Sierra Nevada Corporation wurden diese Bemühungen fortgesetzt und verstärkt.

Neben anderen Entwürfen für Transportraumschiffe im Kapseldesign genießt der Dream Chaser aufgrund seiner Form als flugzeugähnliches Vehikel und aufgrund seiner Vorgeschichte bei der NASA und der Raumfahrt-interessierten Öffentlichkeit große Sympatien. Im vergangenen Monat wurde nun bekannt, dass das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) eine Studie zur Verwendung des Dream Chasers für Materialtransport zur ISS in europäischem Auftrag oder unter europäischer Leitung.

Dream Chaser hat eine Leermasse von reichlich 11 t und eine Länge von 9 Metern. Mit diesen Abmessungen könnte er auch von einer europäischen Trägerrakete vom Typ Ariane 5 ins All transportiert werden. Ebenso könnten europäische Firmen Beiträge zur technischen Entwicklung des Raumfahrzeugs leisten. Insbesondere könnten hier Erfahrungen bei der Entwicklung eines Hitzeschutzes, eines Kopplungssystems und spezieller Inneneinrichtung genutzt werden.

Dream Chaser war bei seinem ersten Abwurftest beschädigt worden, da ein Rad des Hauptfahrwerks aufgrund einer Verunreinigung im Hydraulikmechanismus nicht ausgefahren worden war. Mittlerweile arbeitet man an der Reparatur der Hülle. Außerdem wird die Ausstattung ergänzt. Für 2014 sind dann zwei weitere Abwürfe geplant. Danach wird das Testmodell umgerüstet, um 2015 mit Besatzung zur Erde zu gleiten. Bis 2016 soll dann das erste Flugmodell gefertigt werden, welches nach einem ersten unbemannten Orbitalflug nach gegenwärtiger Planung und unter der Voraussetzung weiterer Finanzierungsbeihilfen Anfang 2017 einen ersten bemannten Flug zur Internationalen Raumstation absolvieren könnte.

Die nächste Etappe des Förderprogramms für die kommerzielle bemannte Raumfahrt in den USA wird aber wahrscheinlich nur noch ein oder zwei der drei konkurrierenden Projekte finanziell unterstützen. Es besteht hier die Möglichkeit, dass SNC keine weitere öffentlichen Mittel erhält. So kurz vor dem Ziel gibt sich SNC aber optimistisch und CEO Mark Sirangelo äußerte heute, man wolle das Projekt auch ohne NASA-Unterstützung weiter verfolgen. Man sieht drei Anwendungsfelder für den Dream Chaser: das Ausführen spezieller Arbeiten im All, wozu Experimente oder Wartungs- bzw. Reparaturarbeiten gehören, das Erlebnis Weltraum für den Tourismus zu ermöglichen und zivile Beobachtungen aus dem All zu unterstützen.

Man sieht dabei den Dream Chaser als Basis für unterschiedliche Konzepte und Anwendungsfälle, deren Möglichkeiten man nun gemeinsam mit ESA und DLR herausfinden möchte. Eine Vereinbarung zwischen Sierra Nevada und ESA läuft nach Auskunft von Elena Winters (Vorsitzende des Koordinationsbüros für bemannte Raumfahrt der europäischen Weltraumagentur ESA) in ihrer frühen Phase bis Anfang 2015. Damit zielt die Übereinkunft offenbar auch in Richtung Personentransport.

Ähnliche Kooperationsbemühungen hatte die ESA in der zurück liegenden Zeit mehrfach unternommen, war damit aber letztlich immer beim Aushandeln des europäischen Anteils an Entwicklung und Betrieb gescheitert. Erinnert sei an die Konzepte ACTS und Kliper mit Roskosmos sowie CRV mit der NASA. Vielleicht klappt es diesmal auf privatwirtschaftlicher Basis.

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