Inmarsat 5 F3 auf Proton-M gestartet

Am 28. August 2015 startete von der Rampe 200/39 des russischen, auf kasachischem Boden gelegenen Raumfahrtzentrums Baikonur eine vom Startanbieter International Launch Services (ILS) vermarktete Proton-M-Rakete mit Breeze-M-Oberstufe, um den Kommunikationssatelliten Inmarsat 5 F3 für Inmarsat in den Weltraum zu bringen.

Ein Beitrag von Thomas Weyrauch. Quelle: Boeing, Chrunitschew, Harris, ILS, Inmarsat, Raumfahrer.net, Roskosmos.

Proton-M-Start mit Inmarsat 5 F3 an Bord (Bild: ILS/Inmarsat)

Nach einer Flugzeit von rund 15,5 Stunden (15 Stunden und 31 Minuten nach Angaben der russischen Raumfahrtagentur Roskosmos) wurde der Satellit erfolgreich auf der vorgesehenen Erdumlaufbahn ausgesetzt. Die Mission war die 3. erfolgreiche einer von ILS vermarkteten Proton im Jahre 2015, sowie die 90. einer von ILS vermarkteten Proton insgesamt. Bezogen auf alle jemals gestarteten Proton-Raketen war es der 4. Satellit von Inmarsat auf einer Proton und die 405. Mission dieses Raketengrundtyps insgesamt.

Als exakter Startzeitpunkt wird 14:44 Uhr und 00 Sekunden Moskauer Zeit genannt (13:44 Uhr und 00 Sekunden MESZ). Die Abtrennung der Orbitaleinheit bestehend aus Breeze-M-Oberstufe und Inmarsat 5 F3 von der dritten Stufe der Proton-M erfolgte rund 9 Minuten und 42 Sekunden später um 14:53 Uhr Moskauer Zeit.

Proton-M mit Inmarsat 5 F3 im Flug (Bild: Roskosmos)

Anschließend war es Aufgabe der wie die Proton-Rakete von Chrunitschew gebauten Oberstufe, mit insgesamt fünf Brennphasen erst für die Einnahme einer stabilen Parkbahn zu sorgen, und dann das Erreichen des vorgesehenen supersynchronen Zielorbits (SSTO, super-synchronous transfer orbit) sicherzustellen.

Der Trennprozess des Satelliten von der Oberstufe fand um 6:15 Uhr Moskauer Zeit am 29. August 2015 statt (5:15 Uhr MESZ) und verlief nach Angaben der russischen Raumfahrtbehörde Roskosmos sauber und auf der vorgesehenen Bahn. Der Raketenhersteller Chrunitschew nannte ein Aussetzten rund 18,9 Sekunden vor dem geplanten Zeitpunkt.

Für den ausgesetzten Satelliten meldete Chrunitschew folgende Orbitparameter in Ist geschätzt / Soll / Abweichung:

Periode – Zeit für einen Erdumlauf [h:m:s]
22:59:21,0 / 22:59:22,5 / 0:0:1,4

Inklination – Neigung der Bahn gegen den Erdäquator
26° 51′ 44″ / 26° 44′ 57″ / 0° 6′ 47″

Perigäum – erdnächster Bahnpunkt [km]
4.331,08 / 4.345,12 / 14,05

Apogäum – erdfernster Bahnpunkt [km]
65.020,01 / 65.006,92 / 13,09

Der Hauptauftragnehmer für den Bau des Satelliten, der US-amerikanische Luft- und Raumfahrtkonzern Boeing, bestätigte das planmäßige Funktionieren des in Boeings Werk in El Segundo im Bundesstaat Kalifornien gebauten Raumfahrzeugs, nachdem es im All ausgesetzt worden war.

Von der erreichten supersynchronen Übergangsbahn muss sich Inmarsat 5 F3 nun mit eigener Kraft in den Geostationären Orbit (GEO) manövrieren. Damit das gelingen kann, wird der 445 Newton starke, High Performance Apogee Thruster (HiPAT) genannte Apogäumsmotor vom Typ R-4D-15 von Aerojet Rocketdyne an Bord des Satelliten mehrere Brennphasen absolvieren müssen. Die Tanks des Satelliten wurden mit rund 2.200 kg Treibstoffen befüllt.

Inmarsat 5 F3 auf Breeze-M-Oberstufe in Baikonur (Bild: Tsenki)

Inmarsat 5 F3 ist ein auf dem Satellitenbus Boeing 702HP basierendes Raumfahrzeug. Als künftiger Betreiber des bei 180 bzw. 179,7 Grad West im GEO einzusetzenden Erdtrabanten mit einer Startmasse von rund 6.100 kg (ausgesetzte Masse laut ILS 6.070 kg, Masse bei Betriebsbeginn im GEO 3.750 kg) fungiert Inmarsat, ein Unternehmen, das bereits seit Jahrzehnten von Boeing gebaute Raumfahrzeuge einsetzt, um insbesondere auf und über den Weltmeeren verkehrenden Fahrzeugen und in abgelegenen Regionen der Erde mobilen Menschen Kommunikationsverbindungen zur Verfügung zu stellen.

Der neue Erdtrabant ist der dritte einer Serie von vier Satelliten (inkl. eines Reservesatelliten), mit denen Inmarsat eine weltweite Abdeckung der angebotenen Dienste erreichen möchte. Boeing spricht in einer Präsentation von August 2014 von einer Konstellation aus drei Satelliten mit einer Option auf weitere zwei. Nach Angaben von Inmarsat aus dem Jahre 2013 investiert Inmarsat in das Satellitensystem rund 1,2 Milliarden US-Dollar.

Die Inmarsat-5-Satelliten sollen das neue, Global Xpress genannte Kommunikationsnetzwerk von Inmarsat unterstützen. Kunden in den Bereichen Luft- und Seefahrt, Regierung, Energieerzeugung und aus anderen Gewerben könnten laut Inmarsat von mobilen Breitbandkommunikationsverbindungen profitieren. Die dafür an Bord der Satelliten untergebrachten Kommunikationsnutzlasten besitzen hinsichtlich der sogenannten Global Payload jeweils 89 Ka-Band-Transponder. Ist Global Xpress vollständig, soll es 216 auf die eingebundenen Satelliten verteilte Ausleuchtzonen umfassen.

Pro Satellit sind unter dem Titel High Capacity Payload (HCP) zusätzlich sechs unabhängig von einander ansteuerbare und hinsichtlich ihrer Ausrichtung änderbare Ausleuchtzonen möglich. Jede dieser Ausleuchtzonen kann dabei von 130 Watt starken Wanderfeldröhrenverstärkern in der Kommunikationsnutzlast versorgt werden.

Inmarsat-5-Raumfahrzeug über der Erde – Illustration (Bild: Boeing)

Die für die HCP erforderlichen Antennen an Bord lieferte die US-amerikanische Harris Corporation. Sie werden von Harris als Gimbal Dish Antenna (GDA) bezeichnet, was soviel wie schwenkbare Antennenschüssel bedeutet. Die HCPs sind laut Boeing so gestaltet, das mit ihnen im Bedarfsfall das Wideband Global Satcom (WGS, ursprünglich Wideband Gapfiller Satellites) genannte Satellitenkommunikationssystem des US-amerikanischen Verteidigungsministeriums verstärkt werden kann. Dessen Raumfahrzeuge wurden ebenfalls von Boeing gebaut und besitzen eine ähnliche Grundkonstruktion.

Entsprechend der Auslegungsbetriebszeit der Satelliten will Inmarsat auch den Inmarsat 5 F3 mindestens 15 Jahre lang einsetzen. Einen ressourcensparenden Betrieb des Satelliten werden elektrische, Xenon ausstoßende Lageregelungstriebwerke eines XIPS für xenon ion propulsion system genannten Antriebssystems ermöglichen.

Für Lageregelung und Bahnerhalt verfügt der Satellit außerdem über vier axiale chemische Triebwerke mit einem Nominalschub von 22 Newton und 4 radiale chemische Triebwerke mit einem Nominalschub von 10 Newton.

Zur Versorgung des Satelliten mit Strom finden zwei Solarzellenausleger mit jeweils fünf Segmenten Verwendung, die zu Beginn der Mission maximal rund 15 Kilowatt elektrische Leistung bereitstellen und bei Missionsende immer noch rund 13,8 Kilowatt. Sie geben dem Satelliten eine Spannweite von rund 33,8 Metern. Der Speicherung elektrischer Energie an Bord dienen zwei Lithium-Ionen-Akkumulatorensätze.

Inmarsat 5 F3 wird voraussichtlich katalogisiert mit der NORAD-Nr. 40.882 und als COSPAR-Objekt 2015-042A.

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