Auf der Fahrt zu seinem eigentlichen nächsten Forschungsziel, dem noch etwa 12 Kilometer entfernten Endeavour-Krater, legt der Marsrover Opportunity in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen immer wieder Pausen ein, um besonders interessante geologische Formationen näher zu untersuchen. Momentan befindet der Rover sich direkt neben einem Felsblock, welcher nach ersten Analysen als Eisenmeteorit eingestuft wird.
Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: JPL, Planetary Society.
Eigentlich sollte der Marsrover Opportunity, nachdem er Ende Juni/Anfang Juli 2009 zwei Wochen lang eine Grundgesteinsformation ausführlich untersucht hatte, in mehreren Fahretappen über jeweils rund 70 Meter zu zwei kleineren Kratern fahren. Bei der Durchsicht der am 11. Juli 2009 von der Navigationskamera des Rovers aufgenommenen Bilder stieß man allerdings auf einen auffälligen Felsbrocken, welcher sich etwa 60 Meter südlich von Opportunitys eigentlicher Fahrtroute befand.
Auffällig war auf den Fotos nicht nur die extrem dunkle Färbung sondern auch die ungewöhnliche Größe des Objektes. Mit den Abmessungen von etwa 30 mal 60 Zentimetern war es deutlich größer als die anderen in der näheren Umgebung auffindbaren Gesteinsbrocken. Der Felsblock wurde daraufhin nochmals von der höher auflösenden Panoramakamera abgebildet. Allerdings konnten die betreffenden Aufnahmen erst am 18. Juli an das Deep Space Network der NASA und von dort aus weiter an das Rover-Kontrollzentrum am Jet Propulsion Laboratory (JPL) übermittelt werden. So kam es, dass der Rover bereits über 200 Meter von dem als „Block Island“ bezeichneten Objekt entfernt war, bevor man dessen wissenschaftliche Bedeutung erkannte.
Nach einer kurzen Beratungspause fasste das wissenschaftliche Team der Rover-Mission den Entschluss, umzukehren und Block Island trotz des dadurch entstehenden Umweges näher zu untersuchen. Dr. Albert Yen, Mitglied des Opportunity-Teams, äußerte sich folgendermaßen zu dieser Gelegenheit: „Wenn man durch eine Sandwüste fährt, dann ist jede Gelegenheit willkommen, um anzuhalten und einen großen Felsen zu untersuchen.“ Ähnlich denkt Dr. Timothy Parker vom JPL: „Es handelt sich hier um das größte nicht mit einem Krater assoziierte Objekt, welches wir bisher gesehen haben – und es handelt sich nicht um Grundgestein.“
Seit dem 31. Juli 2009, Sol 1961 von Opportunitys Mission auf dem Mars, wird Block Island von den Instrumenten des Rovers intensiv untersucht. Neben diversen Aufnahmen mit den Panorama- und Navigationskameras wurden dabei in erster Linie Aufnahmen mit den „Microscopic Imager“ angefertigt. Hierbei handelt es sich um ein abbildendes Mikroskop mit einer Auflösung von etwa 30 Mikrometern. Diese Aufnahmen zeigen, dass der Felsen zum Teil mit einer dünnen Staubschicht überzogen ist. Unter und neben dieser Staubschicht erkennt man zudem eine „schimmernde“ Oberfläche. Einige auf der Oberfläche erkennbare Linien erinnern stark an sogenannte „Widmanstätten-Strukturen“. Diese Strukturen finden sich ausschließlich bei Objekten meteoritischen Ursprungs. Sie haben ihre Ursache in der unterschiedlichen Beständigkeit der in den Meteoriten enthaltenen Minerale Taenit und Kamacit.
Mit den Mikroskop-Aufnahmen ist es außerdem möglich, einen Kontext zur Interpretation der von den Spektrometern des Rovers gewonnenen Daten zu erhalten. Über das vergangene Wochenende erfolgte eine erste Untersuchung von Block Island durch das APXS-Spektrometer, betrieben vom in Mainz ansässigen Max-Planck-Institut für Chemie. Dabei bestätigte sich die Vermutung, dass es sich bei Block Island um einen Eisen-Nickel-Meteoriten handelt.
Allerdings handelt es sich bei Block Island keinesfalls um den ersten Eisenmeteoriten, den Opportunity entdecken konnte. Bereits im Januar 2005, ein Jahr nach der Landung auf dem Mars, hat der Rover einen etwa fußballgroßen Meteoriten entdeckt. Da diese Entdeckung in der unmittelbaren Nachbarschaft von Opportunitys Hitzeschild erfolgte, erhielt dieser Meteorit den treffenden Namen „Heat Shield Rock“. Die Untersuchungen ergaben, dass dieser Meteorit sich zu etwa 93 Prozent aus Eisen und zu 7 Prozent aus Nickel zusammensetzt. Außerdem wurden Spuren von Germanium, Iridium und Gallium detektiert. Dies stellt eine Mixtur dar, welche für die Klasse der Eisenmeteoriten typisch ist. Die jetzt gewonnenen Daten des APXS-Spektrometers weisen für Block Island eine similäre Zusammensetzung auf. Dr. Yen sagt dazu: „Allerdings existieren feine Unterschiede in der chemischen Zusammensetzung, welche wir zu charakterisieren und zu verstehen versuchen.“
Auf der anderen Seite des Mars hat der Zwillingsrover von Opportunity, Spirit, im Juni 2006 in seinem Operationsgebiet, der sogenannten Home Plate im Gusev-Krater, ebenfalls zwei Eisenmeteoriten entdeckt. Auf der Erde entstammen lediglich etwa fünf Prozent aller gefundenen Meteoriten der Klasse der Eisenmeteoriten. Mit mittlerweile vier bestätigten Funden (bei insgesamt sieben entdeckten Meteoriten) sind die Eisenmeteoriten auf dem Mars also anscheinend auffällig übermäßig vertreten. Dies lässt sich aber eventuell dadurch erklären, dass die normalerweise zahlenmäßig überwiegenden Stein-Meteoriten selbst in einer relativ gering von Erosion beeinträchtigten Umgebung innerhalb von wenigen Millionen Jahren verwittern dürften, während nahezu ausschließlich aus Metall bestehende Objekte über bedeutend längere Zeiträume von Bestand sein sollten. Außerdem stechen diese Objekte, wie man auf den Fotos der Navigationskamera sehen kann, aus der Landschaft heraus und können so relativ leicht entdeckt werden.
Unabhängig davon ist die relativ hohe Anzahl der entdeckten Meteoriten auffällig, denn beide Rover zusammen haben in Laufe der letzten fünfeinhalb Jahre lediglich knapp 25 Kilometer auf dem Mars zurückgelegt. Eine Erklärung hierfür könnte sein, dass der Mars aufgrund seiner Lage im solaren System einem bedeutend stärkeren Bombardement aus dem Weltraum ausgesetzt ist als die Erde. Immerhin befindet der Mars sich in der direkten Nachbarschaft zum Hauptasteroidengürtel, der Ursprungsquelle der meisten Meteoriten. Des weiteren verfügt der Mars im Vergleich zur Erde lediglich über eine etwa 200-fach dünnere Atmosphäre. Dies führt dazu, dass in die Luftschicht eintretende Objekte mit einer kompakten Zusammensetzung nicht einfach verglühen, sondern die Oberfläche relativ unbeschadet erreichen. Meteoriten, welche die Oberfläche mit Geschwindigkeiten von nur wenigen Kilometern pro Sekunde erreichen und außerdem einen nicht allzu steilen Eintrittswinkel aufweisen, prallen von der Oberfläche ab. Vergleichbar mit einem flach über das Wasser geworfenen Stein gleiten sie über den Boden hinweg, prallen mehrmals auf, werden wieder etwas in die Höhe geschleudert und kommen schließlich zur Ruhe, ohne dabei einen Krater zu erzeugen.
Für das jetzige Wochenende ist neben weiteren Untersuchungen durch das APXS-Spektrometer auch der Einsatz des Mössbauer-Spektrometers eingeplant. Dieses eignet sich besonders gut für die Analyse von eisenhaltigen Mineralien. Aus der Auswertung der Daten erhoffen sich die an der Mission beteiligten Wissenschaftler weitere wertvolle Erkenntnisse über die meteorologische und klimatologische Historie des Mars. Das an der Oberfläche sichtbare Eisen weist zum Beispiel keine Rostspuren auf. Dies wird bisher als ein Anzeichen dafür interpretiert, dass im Meridiani Planum seit dem Fall des Meteoriten ein trockenes Klima geherrscht haben muss. Durch weitere Analysen, so die Erwartung der Wissenschaftler, wird es möglich sein, das Alter des Meteoriten zu bestimmen und somit auch den Zeitraum dieser Trockenperiode einzugrenzen.
Zur Zeit generiert Opportunity etwa 490 Wattstunden Energie pro Tag (0,49 kWh). Aufgrund von Staubablagerungen erreichen noch etwa 58 Prozent des einfallenden Sonnenlichtes die Solarzellen und können zur Energiegewinnung genutzt werden. Bis zum 31. Juli 2009, dem Tag seiner bisher letzten Fahrt, hat der Rover insgesamt 17.226,29 Meter auf der Oberfläche des Mars zurückgelegt.
Raumcon