Im Anschluss an die am 6. August 2012 erfolgte Landung des Marsrovers Curiosity wird auch Opportunity, der zweite der gegenwärtig funktionsfähigen Rover auf dem Mars, bereits in wenigen Stunden seine Forschungsreise auf unserem Nachbarplaneten fortsetzen.
Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: JPL, Planetary Society, Malin Space Science Systems, UMSF-Forum. Vertont von Peter Rittinger.
In Bezug auf den Mars hat sich das Interesse der Öffentlichkeit während der letzten Tage fast ausschließlich auf den neuesten Marsrover der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA, den Rover Curiosity, gerichtet. Trotz der berechtigten Freunde über dessen erfolgreiche Landung und die ersten aus dem Gale-Krater übermittelten Bilder (Raumfahrer.net berichtete), sollte dabei allerdings nicht vergessen werden, dass sich mit dem Rover Opportunity bereits seit dem Januar 2004 ein weiterer Rover auf dem Mars befindet. Im Vorfeld der erwarteten Curiosity-Landung waren Opportunitys Aktivitäten auf dem Mars während der letzten Wochen allerdings stark eingeschränkt. Dies wird sich jedoch bereits in wenigen Stunden ändern.
Auch nach dem 1. Juli 2012, dem Sol 3.000 der Opportunity-Mission (Raumfahrer.net berichtete), wurde zunächst weiterhin die Gesteinsformation „Grasberg 1“ eingehend untersucht. Neben der Anfertigung diverser Abbildungen durch das Mikroskop des Rovers wurde dabei auch mehrfach das APXS-Spektrometer dazu verwendet, um die Zusammensetzung des Gesteins zu ermitteln. Erste Ergebnisse dieser Untersuchung deuten darauf hin, dass Grassberg deutlich weniger Schwefel enthält als das umgebende Gelände. Diese Untersuchungen dauerten bis zum 9. Juli an.
Am darauffolgenden Tag, dem Sol 3.008 der Mission, bewegte sich Opportunity zunächst um etwa 32 Meter in die östliche Richtung. Nach der Anfertigung diverser Aufnahmen der Umgebung des Rovers durch die Navigations- und Panoramakameras wurde die Fahrt zwei Tage später fortgesetzt. Das Ziel dieser Fahrt war der rund 55 Meter südlich des damaligen Standortes befindliche, nur wenige Meter durchmessende Impaktkrater „Sao Gabriel“.
Nach einer Pause von neun Tagen, welche unter anderem durch einen zwischenzeitlichen „Safe Mode“ des für die Datenübermittlung zwischen dem Rover und seinem Kontrollzentrum benötigten Marsorbiters Mars Odyssey bedingt war, erreichte Opportunity schließlich am 22. Juli 2012, dem Sol 3.019 der Mission, nach einer weiteren Fahrt über rund 42 Meter einen auffälligen Einschnitt im Gelände. Diese als „Whim Creek“ bezeichnete Geländeformation ist bereits auf den Orbitaufnahmen der an Bord des Marsorbiters Mars Reconnaissance Orbiter (MRO) befindlichen HiRISE-Kamera deutlich zu erkennen.
Über die Entstehungsgeschichte dieses Einschnittes herrscht bisher unter den an der Mission beteiligten Geologen noch keine Klarheit. Allerdings ergibt sich hier eine gute Gelegenheit, um verschiedene Gesteinsschichten in einer geologischen Übergangszone zu untersuchen. Neben den Gesteinen der Meridiani-Ebene welche bereits während der letzten Jahre intensiv von dem Rover studiert wurden, können hier Gesteinsschichten analysiert werden, welche erst bei der Entstehung des etwa 3,7 bis 4,1 Milliarden Jahre alten Endeavour-Kraters freigelegt wurden. Die Randzone des Endeavour-Kraters bietet dabei – wie alle Impaktkrater – ein auf natürliche Weise entstandenes „Beobachtungsfenster“ in den Untergrund des Mars.
Zwei Tage später verließ der Rover am Sol 3.021 den Rand des Whim Creek und begab sich im Rahmen einer Fahrt über 10,52 Meter in das Innere dieses kleinen und für die an der Mission beteiligten Wissenschaftler überaus interessanten „Tals“. Um den Grund des Whim Creek zu erreichen, musste Opportunity jedoch zuerst ein Gelände passieren, welches über ein Gefälle von bis zu 23 Grad verfügte. Der Rover konnte auch diesen Bereich der Marsoberfläche erfolgreich überbrücken.
Die folgenden Tage wurden mit weiteren ausführlichen Fotoaufnahmen der Umgebung verbracht. Zudem wurden mehrere ausgewählte Gesteins- und Oberflächenformationen angesteuert und durch das Mikroskop und das APXS-Spektrometer untersucht. Aufgrund der jetzt immer näher rückenden Landung des Marsrover Curiosity und der damit verbundenen Auslastungen des Deep Space Network der NASA konnte Opportunity zwischen dem 3. und dem 10. August keine weiteren Fahrten mehr unternehmen. Die in diesem Zeitraum zur Verfügung stehenden Kommunikationskapazitäten wurden fast ausschließlich für die Landung des neuen Marsrovers und die in den folgenden Tagen notwendigen Systemchecks und Softwareupdates benötigt. Opportunity konnte deshalb lediglich die wichtigsten Telemetriewerte, aber keine umfangreicheren wissenschaftlichen Daten zur Erde übermitteln.
Diese „Zwangspause“ wurde allerdings trotzdem für weitere wissenschaftliche Untersuchungen genutzt. Noch vor dem Beginn der „heißen Phase“ der Curiosity-Landung positionierte sich Opportunity vor einer als „Rushall1“ bezeichneten Gesteinsformation. Diese Formation aus offen zutage tretenden Grundgestein wurde anschließend nach einem vorgegebenen Arbeitsplan über mehrere Tage hinweg mit dem Mikroskop und dem APXS untersucht. Zeitgleich fertigten die Kameras des Rovers ein hoch aufgelöstes Panoramabild der Umgebung an. Die dabei gewonnenen Bilder und Daten wurden zunächst im Bordcomputer des Rovers abgelegt und sollen erst jetzt Stück für Stück an das Roverkontrollzentrum des Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in Pasadena/Kalifornien übertragen werden.
Der Rover befindet sich nach wie vor in einem guten Zustand und wird seine Fahrt sehr wahrscheinlich noch am heutigen Tag, dem Sol 3.040 der Mission fortsetzen. Der Plan sieht vor, dass sich Opportunity in dem kommenden Tagen und Wochen am östlichen Rand des Cape York in die südliche Richtung bewegen soll. Das dabei angepeilte Fern-Ziel ist ein weiterer Teilbereich des westlichen Kraterrandes des Endeavour-Kraters – das noch mehrere Kilometer entfernt liegende „Cape Tribulation“. Hier konnte eines der Instrumente an Bord des Marsorbiters MRO, das „Compact Reconnaissance Imaging Spectrometer for Mars“ (CRISM), Schichtsilikate und Tonminerale identifizieren. Diese Mineralien bilden sich nur unter feuchten und warmen Umweltbedingungen, welche außerdem ph-neutrales Wasser voraussetzen.
Neben dem technischen Zustand des Rovers muss dabei jedoch immer auch ein Auge auf die aktuelle Energiesituation geworfen werden. Während der letzten Wochen traten speziell auf der südlichen Hemisphäre des Mars mehrfach kleinere, lokal begrenzte Sturmgebiete auf, welche dabei größere Mengen an Staub in die Atmosphäre befördert haben. Zwei dieser Sturmgebiete waren in der unmittelbaren Umgebung von Opportunity aktiv, was sich allerdings nur unwesentlich auf den Energiehaushalt auswirkte.
Hier ein Überblick über die Entwicklung der Energiewerte von Opportunity während der letzten Wochen. Der Tau-Wert steht dabei für die Durchsetzung der Marsatmosphäre mit Staub und Wassereiskristallen. Je mehr Staub sich in der Atmosphäre des Planeten befindet, desto höher fällt dieser Wert aus. Der Wert für die Lichtdurchlässigkeit der Solarzellen gibt dagegen an, wie viel Sonnenlicht die Solarpaneele trotz einer bedeckenden Staubschicht erreicht und letztendlich zur Energiegewinnung genutzt werden kann. Je niedriger der Tau-Wert und je höher der Faktor für die Lichtdurchlässigkeit ausfällt, desto besser ist dies für den Energiehaushalt des ausschließlich mittels Sonnenenergie betriebenen Rovers.
- 07.08.2012: 0,531 kWh/Tag , Tau-Wert 0,715 , Lichtdurchlässigkeit 70,70 Prozent
- 24.07.2012: 0,547 kWh/Tag , Tau-Wert 0,642 , Lichtdurchlässigkeit 72,00 Prozent
- 12.07.2012: 0,523 kWh/Tag , Tau-Wert 0,571 , Lichtdurchlässigkeit 70,70 Prozent
- 10.07.2012: 0,559 kWh/Tag , Tau-Wert 0,443 , Lichtdurchlässigkeit 71,60 Prozent
- 03.07.2012: 0,577 kWh/Tag , Tau-Wert 0,346 , Lichtdurchlässigkeit 70,50 Prozent
- 27.06.2012: 0,559 kWh/Tag , Tau-Wert 0,330 , Lichtdurchlässigkeit 69,80 Prozent
- 20.06.2012: 0,526 kWh/Tag , Tau-Wert 0,229 , Lichtdurchlässigkeit 68,40 Prozent
Der in den letzten Wochen erfolgte Anstieg des Staubanteils in der Marsatmosphäre über dem Meridiani Planum, dem Operationsgebiet des Rovers Opportunity, führte lediglich zu einer minimalen Abnahme der täglich zur Verfügung stehenden Energiemenge. Dank der gegenwärtig am Rand des Endeavour-Kraters vorherrschenden oberflächennahen Windströmungen konnte sich zudem kein weiterer Staub auf den Solarpaneelen des Rovers ablagern.
Zwischen dem 21. Dezember 2011 und dem 8. Mai 2012 war Opportunity im Rahmen seiner Winterpause damit beschäftigt, ein hochaufgelöstes Panorama seiner Umgebung anzufertigen (Raumfahrer.net berichtete). Dieses „Greeley Panorama“, welches sich aus insgesamt 817 Einzelaufnahmen der Panoramakamera zusammensetzt, wurde bereits am 5. Juli 2012 der Öffentlichkeit präsentiert und ist in seiner vollen Auflösung (124 MB) auf dieser Internetseite des JPL in einer Falschfarben-Version abrufbar.
Bis zum heutigen Tag, dem Sol 3.040 der Mission, hat Opportunity insgesamt 34.639,45 Meter auf der Oberfläche des Mars zurückgelegt und dabei über 170.000 Bilder von der Oberfläche und der Atmosphäre des Roten Planeten aufgenommen und an sein Kontrollzentrum in Pasadena/Kalifornien übermittelt.
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