Opportunitys Weg aus dem Sandbunker

Von Anfang an war Opportunity der Glückspilz unter den Marsrovern. Hat ihn nun das Glück verlassen?

Autor: Axel Orth. Vertont von Dominik Mayer.

Als der Opportunity-Rover vor fast eineinhalb Jahren auf dem Mars landete, freuten sich die Wissenschaftler wie ein Golfspieler, der gleich mit dem ersten Schlag eingelocht hat, denn der Rover war just in einen kleinen Krater gerollt und fand fast auf Anhieb Spuren von Wasser. Aber jetzt kämpft der Roboter darum, sich aus einem tückischen Sandbunker zu befreien.

Opportunitys derzeitige Lage auf der Düne. Man beachte den auffällig helleren Boden im rechten und unteren Teil des Bildes.
(Bild: NASA/JPL)

Zwei Wochen ist es her, dass sich der sechsrädrige Rover in einer Düne fest gefahren hat. Und auf dem Mars gibt es keine Abschleppwagen, bisher jedenfalls mal noch nicht. Wen sollte man also zu Hilfe rufen? Das Team muss einen Weg finden, sich selbst aus der Bredouille zu befreien. Dabei wurden bereits Fortschritte erzielt.

Gefangen im Dünenfeld

“Wir sind bald soweit, unseren Zug auf Meridiani zu machen”, sagte Steve Squyres, der Chefwissenschaftler der MER-Mission. Squyres schilderte auf einer Cornell-Webseite eine lange harte Woche voller Tests, die hinter der Mannschaft am JPL liegt: Ingenieure, Wissenschaftler, externe Berater und selbst der Projektmanager haben sandiges und puderiges Material gemischt, Löcher gegraben und Dünen gebaut – das alles, um den besten Weg zu finden, Opportunity aus seiner misslichen Lage im Dünenfeld zu befreien.

Das Team arbeitet ebenfalls daran herauszufinden, wie sich der Roboter überhaupt so festfahren konnte, und welche Schlussfolgerungen daraus in Zukunft zu ziehen sind.

Fakt ist, dass der Rover am Tag des Festfahrens für eine Wegstrecke von ca. 90 Meter programmiert worden war. Nach ca. 40 Metern kam schon die verhängnisvolle Düne. Die Räder begannen durchzudrehen und Opportunity blieb stecken, aber die Steuer- und Antriebsmotoren führten getreulich weiterhin die ihnen vom Bordcomputer übertragenen Befehle aus, drehten die Räder, wendeten sie hierhin und dorthin, als ob sich der Rover immer noch auf den restlichen 50 Meter seines Weges befinden würde und an dessen Ende noch eine letzte so genannte “K-Wende” einlegen sollte, um für den nächsten Tag die Fahrtrichtung zu wechseln.

Und als die Räder endlich still standen, hatte sich Opportunity bis über die Achsen seiner Räder in den weichen Sand der Düne eingewühlt. Es wurde bereits geäußert, dass in Zukunft der bisherige einfache Ansatz, “blind” zu fahren, nicht mehr genügen könne, sondern dass beim Fahren die Bilder der Kameras in geeigneter Weise einbezogen werden müssten.

Aber dazu muss der Rover erst einmal wieder frei kommen.

Ingenieure im Sandkasten. (Bild: NASA/JPL)

Die Mischung aus sandigen und puderigen Materialien, die zu Testzwecken beschafft wurden, verhält sich nun in gleicher Weise wie der Sand der Marsdüne, der die Zwischenräume zwischen den Rippen von Opportunitys Rädern verstopft. “Wir haben mit einem ersten Materialmix getestet, entschieden, dass er noch nicht schmierig genug war, machten ihn noch schmieriger und testeten wieder. Wir haben ausprobiert, den Testrover in verschiedensten Szenarien fest zu fahren und wieder zu befreien und denken, dass einige davon übler waren als das, was uns oben auf dem Mars passiert ist”, erklärte Squyres.

Kleine Schritte

“Das Prinzip dieser Art zu testen ist es, den ‘schlimmsten Fall’ anzunehmen… unter Bedingungen zu testen, die mindestens so schwierig, wenn nicht sogar schwieriger sind als die am realen Einsatzort”, stellte er fest.

Mittlerweile werden die Erkenntnisse aus dem Test bereits auf dem Mars angewendet. “Wir haben allerhand gelernt”, sagte Squyres und betont, dass die Räder sich noch oft drehen müssen, bis sich die Marsmaschine von der Stelle weg bewegt haben wird, an der sie jetzt steht. Lutz Richter vom DLR in Köln und Mitglied des MER-Teams am JPL äußerte ebenfalls, dass es auf dem Sand der Düne auf dem Mars durchaus möglich sein dürfte, sich zu bewegen, wenn auch nur langsam und mit viel Durchdrehen der Räder.

“Auch wenn es verlockend erscheinen mag, es auf einen Schlag hinter sich zu bringen, ist es geschickter, vorsichtig zu sein und schrittweise vorzugehen. So werden wir es machen”, fügte Squyres hinzu. Den Sand Stück für Stück unter Opportunitys Rädern zu bewegen, wird viel Zeit kosten.

Undurchdringliche Barriere?

Opportunitys Weg seit seiner Landung. Unten sieht man das “geätzte Terrain” (etched terrain) und den großen “Victoria-Krater”.
(Bild: NASA/JPL)

Ist es zu gefährlich, vorwärts zu drängen? Wäre es vielleicht besser, Opportunity zurück zu ziehen und sichereren Boden anzusteuern?

“Warum wir vorwärts drängen? Sie könnten uns diese Frage schon gestellt haben, bevor wir überhaupt zum Mars flogen”, sagte Squyres zum Online-Magazin Space.com. “Wir drängen vorwärts, weil die einfachen Sachen schon erledigt sind.”

Squyres sagte, dass das Wissenschaftlerteam nun gründlich auf die Ebene und in die Krater geschaut hat und mittlerweile eine Menge über die Meridiani-Ebene weiß.

“In einer Mission wie dieser besteht Erfolg nicht darin, den Rover am Leben zu halten und Schwierigkeiten zu meiden. Du hast Erfolg, indem du am Ball bleibst und neue Dinge findest”, erklärte Squyres. Schon bevor Opportunity das so genannte “geätzte Terrain” erreichte, an dessen Rand er sich nun befindet, hatte der Wissenschaftler Sorgen geäußert, dass sich diese Landschaft als undurchdringliche Barriere für den Rover von der Erde erweisen könnte.

“Und wer weiß, vielleicht wird es so sein. Aber wir sind darauf vorbereitet. Die Risiken in Verbindung mit dem geätzten Terrain waren ja gerade der Grund dafür, warum wir uns so lange im ‘Endurance-Krater’ aufgehalten haben. Dort hatten wir eine wissenschaftliche Goldmine, und wir wollten sie so gut wie möglich ausbeuten, bevor wir das Risiko im geätzten Terrain eingingen”, betonte Squyres.

Erste kleine Fortschritte beim Entkommen von der Düne?
(Bild: NASA/JPL/Raumfahrer.net)

Jetzt erst recht

Squyres sieht das erste große Hindernis, auf das Opportunity und seine Fahrer auf der Erde nun gestoßen sind, als Herausforderung.

“Man arbeitet daran, es zu überwinden, und dann geht’s weiter. Werden wir uns von diesem unbekannten Territorium zurück ziehen, auf den sicheren Grund, den wir schon kennen, nur weil wir nun auf ein Hindernis gestoßen sind? Ganz bestimmt nicht!” sagte Squyres. “Wenn klar wird, dass wir in diesem Gebiet tatsächlich nicht fahren können, unter keinen Umständen, ja, dann wird es Zeit, etwas Anderes zu finden, das wir mit dem Rover machen können. Aber an diesem Punkt sind wir noch lange nicht.”

Quellen: Space.com / wdr.de

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