PRANDTL-M: Suche nach Landeplätzen für Marsmissionen

Für Missionen zu anderen Himmelskörpern im Sonnensystem ist ein geeigneter Ort für eine Landung von ausschlaggebender Bedeutung. Die US-amerikanische Raumfahrtagentur NASA verfolgt verschiedene Ansätze auf der Suche nach passenden Landeplätzen.

Ein Beitrag von Roman van Genabith. Quelle: NASA JPL.

Testmodell PRANDTL-D im Landeanflug Juni 2015 (Bild: NASA / Ken Ulbrich)

Die Anforderungen an einen Landeplatz für eine interplanetare Mission sind hoch. Das Terrain muss die Landung, die Fortbewegung und die Energieversorgung begünstigen, sofern das Landefahrzeug solargetrieben ist. Zudem sollte die Umgebung auch ein angemessenes wissenschaftliches Potenzial haben.

Die Suche nach solchermaßen geeigneten Orten ist, bedingt durch die limitierten Beobachtungsmöglichkeiten, ein anspruchsvolles Unterfangen. Die NASA verfolgt verschiedene Ansätze, die verbesserte Geländekenntnisse auf fremden Himmelskörpern zum Ziel haben. So arbeitet die NASA etwa gemeinsam mit dem JPL am Konzept eines Helikopters, der einem Rover und seinen Fahrern eine erweiterte Umgebungsübersicht liefern soll, welche die Fahrtplanung vereinfachen und die Mission beschleunigen könnte, Raumfahrer.net berichtete. Eine andere Herangehensweise könnte möglicherweise auch für die Landung von Astronauten zu einem Zeitpunkt in ferner Zukunft eine Rolle spielen.

Preliminary Research Aerodynamic Design to Land on Mars (PRANDTL-M) heißt ein Konzept, das in der ersten Hälfte des kommenden Jahrzehnts verwirklicht werden könnte. Dabei handelt es sich um eine Drohne, die geeignete Landeplätze für Marsmissionen aufspüren soll, eventuell auch für die ersten Astronauten auf dem roten Planeten.

Bei dem Gefährt, dessen Bezeichnung übersetzt etwa „Vorläufiges aeronautisches Forschungsdesign zur Landung auf dem Mars“ heißt, soll es sich um einen Nurflügler mit einer Spannweite von etwa 60 Zentimetern handeln. Die Drohne soll unter Marsschwerkraft (0,38 G) weniger als 450 Gramm wiegen und aus einem widerstandsfähigen Verbundwerkstoff gefertigt sein. In Frage kommt zum Beispiel Glasfaser- oder kohlenstoffverstärkter Kunststoff.

Aufgaben der Marsdrohne
Ähnlich wie ein hypothetischer Helikopter, der als Kundschafter und Führer für einen Rover fungiert und das Gelände in Fahrtrichtung beobachtet, wäre auch die Aufgabe einer Erkundungsdrohne die landschaftliche Aufklärung, nur in einem größeren räumlichen Umfang. Ein solches Mars-Flugzeug könnte mögliche Landeplätze überqueren und hochauflösende, detailreiche Fotos machen, anhand derer die Missionswissenschaftler einen geeigneten Landeplatz ermitteln, hofft Al Bowers, Chefwissenschaftler am NASA Armstrong Flight Research Center.

Testmodell PRANDTL-D im Landeanflug Juni 2015 (Bild: NASA / Ken Ulbrich)

Ten minutes of Terror
Als Taxi zum Mars würde eine Rovermission fungieren. Diese würde die Drohne bei Eintritt in die Atmosphäre in einem CubeSat ausklinken, der Teil des Hitzeschilds sein wird und die Reise als Ballast mitmacht. Auf diese Weise bliebe das Missionsbudget nahezu unverändert.

Nach dem Abwurf soll der CubeSat die Drohne freisetzen, die dann ihren rund zehnminütigen Abstieg durch die Marsatmosphäre beginnen wird, eine Flugphase, die den damaligen „7 Minutes of Terror“ bei der Landung von Curiosity ähneln und einen finalen Test von Stärke und Haltbarkeit des winzigen Flugzeugs darstellen dürfte. Insgesamt wird die Drohne rund 30 km weit fliegen.

Schwierige Landung
Wie viele interplanetare Missionen ist das skizzierte Konzept anspruchsvoll. Deshalb beginnt die NASA bereits in diesem Jahr mit ersten Tests. Zunächst soll bei mehreren Versuchen von Collegestudenten ein Modell des Gleiters in verschiedenen, ungewöhnlichen Fluglagen erprobt werden.

„Die Wissenschaftler erwarteten zwar, dass der Gleiter sich wieder fange. Aber wenn wir das schließlich wissen, werden wir ihn beruhigter von einem Ballon in großer Höhe fliegen lassen“, spielt Bowers auf die nächste Stufe der vorbereitenden Tests an. Von einem Höhenballon aus rund 30 km Höhe soll eine Drohne abgeworfen werden und zu Boden segeln. Zumindest in der Abwurfhöhe ähneln die Bedingungen etwas der Marsatmosphäre, die deutlich dünner als die irdische Lufthülle ist.

Doch naturgemäß lässt sich der Ernstfall auf der Erde nicht unter realen Einsatzbedingungen testen. Die Atmosphäre in den tieferen Luftschichten weist deutlich andere Eigenschaften auf als auf dem Mars, was sich auch auf die Flugeigenschaften der Drohne auswirkt. Zudem verwendet der Gleiter bei seinem Testflug ein GPS-gestütztes Wegpunktnavigationssystem, das auf dem Mars ebenfalls nicht zur Verfügung steht.

Insgesamt zwei Ballonflüge sind geplant, einer im laufenden, einer im kommenden Jahr. Während der Flüge soll auch die Nutzlast der Drohne getestet werden. Zur Nutzlast gehören eine hochauflösende Kamera zur Geländeerkundung und ein Höhenradiometer, das auch Aufschlüsse über das Strahlungsspektrum in hohen Schichten der Erdatmosphäre liefern könnte.

Den Projektwissenschaftlern bleibt indes noch etwas Zeit, die verschiedenen Variablen zu durchdenken. Einen ersten Start von PRANDTL-M plant die NASA zwischen 2022 und 2024.

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