Raumsonde Cassini beginnt den Saturnumlauf Nummer 215

Am heutigen Tag beginnt für die Raumsonde Cassini der mittlerweile 215. Umlauf um den Planeten Saturn. Während der kommenden vier Wochen wird sich das Interesse der an dieser Planetenmission beteiligten Forscher unter anderem auf verschiedene Mondes des Saturn richten.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: CICLOPS, JPL, The Planetary Society.

NASA, JPL, Space Science Institute
Das Ringsystem des Saturn setzt sich aus mehr als 100.000 einzelnen Ringen zusammen, welche durch scharf umrissene Lücken voneinander abgegrenzt sind. Aufgrund der gegenwärtig wieder gegebenen geringen Neigung der Flugbahn der Raumsonde Cassini gegenüber der Ringebene des Saturn kann von dieser zur Zeit speziell das vertikale Strukturprofil der diversen Saturnringe näher untersucht werden.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, Space Science Institute)

Am 28. März 2015 erreicht die Raumsonde Cassini auf ihrer elliptischen Umlaufbahn um den Saturn um 17:41 MEZ erneut die Apoapsis – den Punkt ihrer größten Entfernung zu dem zweitgrößten Planeten innerhalb unseres Sonnensystem. Zu diesem Zeitpunkt wird sich die Raumsonde in einer Entfernung von rund 3,16 Millionen Kilometern zu der obersten Wolkenschicht des Saturn befinden und damit zugleich ihren mittlerweile 215. Umlauf um den Ringplaneten beginnen. Aktuell weist die Flugbahn von Cassini dabei eine Inklination von lediglich 0,3 Grad auf. Aufgrund dieser geringen Neigung der Flugbahn der Raumsonde gegenüber der Ringebene kann gegenwärtig speziell das vertikale Strukturprofil der verschiedenen Ringe des Saturn näher untersucht werden.

NASA, JPL-Caltech, Space Science Institute
Diese am 10. September 2007 mit der NAC-Kamera angefertigte Mosaikaufnahme zeigt die farblich zweigeteilte Oberfläche des Saturnmondes Iapetus aus einer Entfernung von rund 73.000 Kilometern in Falschfarben. Das in dem Bild unten links erkennbare Impaktbecken verfügt über einen Durchmesser von 450 Kilometern.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, Space Science Institute)

Für das aus einer Telekamera (NAC) und einer Weitwinkelkamera (WAC) bestehende ISS-Kameraexperiment, einem der 12 wissenschaftlichen Instrumente an Bord von Cassini, sind während dieses 28 Tage andauernden Umlaufs, dessen offizielle Bezeichnung „Rev 214“ lautet, insgesamt 53 Beobachtungskampagnen vorgesehen. Wie üblich wird ein Großteil dieser Kampagnen erneut die Atmosphäre und das Ringsystem des Saturn zum Ziel haben. Zusätzlich stehen auch mehrere der insgesamt 62 bisher bekannten Saturnmonde auf dem Beobachtungsprogramm der an dieser Mission beteiligten Wissenschaftler.
Das erste Beobachtungsziel: Der Mond Iapetus
Das erste Beobachtungsziel der ISS-Kamera wird dann auch gleich der Saturnmond Iapetus sein. Zwischen dem 29. März und dem 1. April soll dabei speziell die nördliche Hemisphäre dieses im Mittel 1.436 Kilometer durchmessenden Saturnmondes aus einer Entfernung von rund 980.000 Kilometern abgebildet werden. Die dabei anzufertigenden Aufnahmen sollen dazu dienen, die Charakterisierung von dessen zweigeteilter Oberfläche und einem der markantesten Merkmale von Iapetus – einem rund 1.300 Kilometer langen, etwa 20 Kilometer breiten und bis zu 13 Kilometer hohen Bergrücken – zu vervollständigen.

Der Mond Paaliaq
Ab dem 2. April wird sich die ISS-Kamera schließlich auf einen der kleineren, äußeren Saturnmonde – den Mond Paaliaq – richten. Mit einer scheinbaren Helligkeit von lediglich 21,3 mag handelt es sich bei diesem rund 22 Kilometer durchmessenden und erst im Jahr 2000 entdeckten Mond um ein äußerst lichtschwaches Objekt, welches von der Erde aus nur extrem schwierig zu beobachten ist.

Im Rahmen dieser knapp 40 Stunden andauernden Kampagne soll Paaliaq aus einer Entfernung von etwa 9,63 Millionen Kilometern mehrfach mit der ISS-Kamera abgebildet werden. Anhand der Variationen in der sich bei dieser Beobachtungssequenz ergebenden Lichtkurve und einem Abgleich mit früheren Beobachtungen wollen die beteiligten Wissenschaftler die Helligkeitsvariationen auf dessen Oberfläche und die daraus abzuleitende Rotationsperiode dieses Mondes sowie die Ausrichtung von dessen Rotationsachse noch besser als bisher bestimmen. Die bisherige Messungen von Cassini führten zu dem Resultat, dass Paaliaq für eine vollständige Drehung um seine Rotationsachse einen Zeitraum von etwa 18 Stunden und 49 Minuten benötigt. Weitere Paaliaq-Beobachtungskampagnen sollen am 10., am 12. und am 23. April erfolgen und die zuvor gewonnenen Daten ergänzen. Die aussagekräftigsten Resultate werden dabei für den 12. April erwartet, wenn sich Cassini in einer Entfernung von lediglich etwa 6,78 Millionen Kiometern zu diesem Mond befinden wird.

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Der Saturnmond Titan ist von einer dichten, überwiegend aus Stickstoff bestehenden Atmosphäre umgeben. Die darin enthaltenen Aerosole verhindern im Bereich des sichtbaren Lichts jeden Blick auf die Mondoberfläche.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, Space Science Institute)

Der Mond Titan
Die ISS-Beobachtungen des 4. April werden zuerst den Mond Titan zum Ziel haben. Mit einem Durchmesser von 5.150 Kilometern handelt es sich bei diesem bereits im Jahr 1655 durch den niederländischen Astronomen Christiaan Huygens entdeckten Mond um den größten und mit Abstand massereichsten der 62 bisher bekannten Monde des Planeten Saturn und – nach dem Jupitermond Ganymed – zugleich um den zweitgrößten Mond innerhalb unseres Sonnensystems. Der Titan ist zudem als einziger Mond in unserem Sonnensystem von einer dichten Atmosphäre umgeben. Diese Gashülle besteht hauptsächlich aus Stickstoff, welcher dort mit einem Anteil von rund 98,4 Prozent vertreten ist. Neben dem Edelgas Argon und der Kohlenwasserstoffverbindung Methan konnten dort in der Vergangenheit zudem mehr als ein Dutzend weitere organischer Verbindungen wie zum Beispiel Ethan, Propan und Cyanwasserstoff nachgewiesen werden.

Diese den Titan umgebende Lufthülle, deren gesamte Masse etwa 1,19 mal größer ausfällt als die Gesamtmasse der Erdatmosphäre, erreicht eine Höhe von mehreren hundert Kilometern und ist mit Wolken, Dunstschleiern und Aerosolen durchsetzt. Nahe der Oberfläche fällt die Atmosphäre des Titan etwa fünfmal dichter aus als auf unserem Heimatplaneten und erreicht dort einen Atmosphärendruck von 1,5 bar, was einen etwa 50 Prozent höheren Wert als auf der Erde darstellt. Die am 4. April aus einer Entfernung von etwa 1,52 Millionen Kilometern anzufertigenden Aufnahmen dienen dabei in erster Linie der Beobachtung der in der Titanatmosphäre vorhandenen Dunstschichten und Aerosole. Zwischen dem 5. und dem 19. April sind acht weitere Titan-Beobachtungskampagnen vorgesehen.

Allgemeine astrometrische Beobachtungen

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Diese Aufnahme zeigt den lediglich 111 Kilometer durchmessenden inneren Saturnmond Janus. Die Aufnahme wurde am 5. Dezember 2014 mit der Telekamera des ISS-Experiments von Cassini aus einer Entfernung von zwei Millionen Kilometern angefertigt. Die dabei erreichte Auflösung liegt bei 12 Kilometern pro Pixel.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, Space Science Institute)

Ebenfalls noch für den 4. April sind zudem diverse sogenannte ‚astrometrische Beobachtungen‘ von mehreren der kleineren, inneren Saturnmonde geplant. Die Umlaufbahnen dieser kleinen und entsprechend massearmen Saturnmonde unterliegen einer permanenten gravitativen Beeinflussung durch den Saturn und dessen größeren Monden, was zu minimalen Veränderungen der jeweiligen Umlaufbahnen führen kann. Das wissenschaftliche Ziel der anzufertigenden Aufnahmen der Monde besteht darin, die derzeit verfügbaren Parameter von deren gegenwärtigen Umlaufbahnen noch weiter zu präzisieren. Derartige Messungen sind unter anderem dazu dienlich, um den Masseschwerpunkt innerhalb des komplexen Saturnsystems zu ermitteln und fortlaufend zu präzisieren. Zwischen dem 5. und dem 19. April sollen drei weitere astrometrische Beobachtungskampagnen durchgeführt werden.

Wetterbeobachtung auf dem Saturn
Eine weitere für den 4. April vorgesehene Beobachtungskampagne hat schließlich direkt den ‚Ringplaneten‘ Saturn zum Ziel. Hierbei soll die Weitwinkelkamera des ISS-Instruments den Saturn abbilden und dabei nach markanten Wolkenformationen in dessen Atmosphäre Ausschau halten. Durch die regelmäßig erfolgende Dokumentation von Wolkenstrukturen und kleineren Sturmgebieten und deren Positionsveränderungen lassen sich zum Beispiel Aussagen über die gegenwärtig in der Saturnatmosphäre vorherrschenden Windrichtungen und Windgeschwindigkeiten tätigen.

In Kombination mit früheren und zukünftigen Beobachtungen dieser langfristig angelegten ‚Sturmbeobachtungskampagne‘ lässt sich durch derartige Aufnahmen die allgemeine ‚Großwetterlage‘ auf dem Saturn dokumentieren, welche sich aufgrund der Bewegung des Planeten um die Sonne und der dabei auftretenden Jahreszeiten in einem etwa 30 Jahre dauernden Rhythmus kontinuierlich verändert (Raumfahrer.net berichtete). Bis zum Ende des jetzt beginnenden Saturnumlaufs sind 18 weitere derartige Beobachtungen vorgesehen.

NASA, JPL-Caltech, ASI, University of Arizona, University of Leicester
Polarlichter über dem Südpol des Saturn: Die hier gezeigte Falschfarbenaufnahme basiert auf den Daten des Visual and Infrared Mapping Spectrometer (VIMS) der Raumsonde Cassini, welche am 1. November 2008 im Rahmen von 65 Einzelbeobachtungen über jeweils sechs Minuten gesammelt wurden.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, ASI, University of Arizona, University of Leicester)

Der E-Ring des Saturn und Polarlichter
Am 5. April wird die Raumsonde Cassini nach einer zwischenzeitlichen kurzen Beobachtung einer engen Begegnung der Saturnmonde Tethys und Dione im Rahmen einer 24 Stunden andauernden Beobachtung Teilbereiche des diffusen E-Rings des Saturn abbilden, welcher sich in erster Linie aus Staubpartikeln und Eis zusammensetzt. Gespeist wird dieser Ring in erster Linie durch Material, welches durch die kryovulkanische Aktivität des Saturnmondes Enceladus in das Weltall befördert wird (Raumfahrer.net berichtete). Durch die bei diesen Beobachtungen gegebenen Beleuchtungsverhältnisse lassen sich speziell die in dem Ring enthaltenen Staubteilchen besonders gut untersuchen.

Am 9. April wird sich die ISS-Kamera auf die südliche Hemisphäre des Saturn richten und in Zusammenarbeit mit einem weiteren Instrument, dem Ultraviolet Imaging Spectrometer (UVIS), dort eventuell zu diesem Zeitpunkt auftretende Polarlichter abbilden.

Periapsis
Am 11. April 2015 wird Cassini schließlich um 19:09 MESZ die Periapsis, den Punkt der größten Annäherung an den Saturn während dieses Orbits Nummer 215, erreichen und die obersten Wolkenschichten des Ringplaneten dabei in einer Entfernung von 276.500 Kilometern zwischen den Umlaufbahnen der beiden Monde Tethys und Dione passieren, welche sich zu diesem Zeitpunkt auch zufällig in der ‚Reichweite‘ der Raumsonde befinden werden.

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Diese am 20. April 2012 von der Telekamera des ISS-Experiments von Cassini angefertigte Aufnahme dokumentiert, wie der Monde Tetyhs teilweise von dem Mond Rhea verdeckt wird. Zugleich wird hierbei auch deutlich, dass die Oberfläche des Mondes Tethys deutlich heller erscheint als die Oberfläche von Rhea. Hierfür verantwortlich sind sehr wahrscheinlich großflächige Ablagerungen von Wassereis, welche das Sonnenlicht sehr effizient in das Weltall reflektieren. Als ‚Quelle‘ für dieses Eis wird der E-Ring des Saturn angenommen.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, Space Science Institute)

Lediglich 49 Minuten nach dem Passieren der Periapsis wird die Raumsonde den 1.062 Kilometer durchmessenden Mond Tethys im Rahmen eines nicht zielgerichteten Vorbeifluges in einer Entfernung von 52.866 Kilometern passieren und dabei dessen von dem Saturn abgewandte Hemisphäre intensiv mit der ISS-Kamera abbilden. Die am höchsten aufgelösten Aufnahmen werden dabei die Umgebung des etwa 208 Kilometer durchmessenden Penelope-Kraters wiedergeben. Im Anschluss an die Tethys-Kampagne soll auch der 1.123 Kilometer durchmessende Mond Dione aus einer Entfernung von rund 110.000 Kilometern fotografisch dokumentiert werden.

Der Abschluss des Orbits Nummer 215
Während der letzten Tage des heute beginnenden Saturnumlaufs Nummer 215 wird sich das Interesse der an der Cassini-Mission beteiligten Wissenschaftler wieder vermehrt auf den E-Ring richten. Zunächst sollen am 13. und 14. April mehrere Aufnahmen der Südpolregion des Mondes Enceladus erfolgen, welcher – wie bereits weiter oben in diesem Bericht erwähnt – als Hauptmateriallieferant für die dort befindlichen Partikel gilt. Auch dieser Ring soll schließlich am 16. April erneut intensiv fotografisch dokumentiert werden. Aufgrund der aktuell gegebenen geringen Inklination der Flugbahn der Raumsonde von lediglich 0,3 Grad gegenüber der Ringebene kann dabei speziell das vertikale Strukturprofil des E-Ringes näher untersucht werden.
Am 24. April steht ein weiterer der kleineren, äußeren Saturnmonde – der rund sechs Kilometer durchmessende, lediglich 24,1 mag helle und erst im Jahr 2005 entdeckte Mond Bebhionn – auf dem Beobachtungsprogramm der ISS-Kamera. Im Rahmen dieser 24 Stunden andauernden Kampagne soll Bebhionn aus einer Entfernung von etwa 10 Millionen Kilometern mehrfach abgebildet werden, um auch hier anhand der Helligkeitsveränderungen in der sich dabei ergebenden Lichtkurve die Dauer von dessen Rotationsperiode sowie die Ausrichtung der Rotationsachse zu ermitteln. Bisherige Cassini-Beobachtungen deuten bei diesem Mond auf eine Rotationsperiode von etwa 15,8 Stunden hin.

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Die Abbildung der Monde des Saturn ist eine der vorrangigen Aufgaben des ISS-Kameraexperiments an Bord der Raumsonde Cassini. Die hier gezeigte Aufnahme vom 2. Januar 2015 zeigt die Monde Pandora (rechts) und Prometheus. Innerhalb der Encke-Teilung ist zudem (auf der Höhe von Prometheus) der dort als Schäfermond agierende Saturnmond Pan erkennbar. Die Monde Prometheus und Pandora ‚hüten‘ dagegen den zwischen ihnen gelegenen F-Ring des Saturn. Derartige Abbildungen sind für die Wissenschaftler von Bedeutung, um den immer noch nicht vollständig verstandenen ‚Schäfermond-Mechanismus‘ zu entschlüsseln.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, Space Science Institute)

Am 25. April 2015 wird die Raumsonde Cassini schließlich um 19:46 MESZ in einer Entfernung von rund 3,2 Millionen Kilometern zum Saturn erneut die Apoapsis ihrer Umlaufbahn erreichen und damit auch diesen 215. Umlauf um den Ringplaneten beenden. Für den damit beginnenden Orbit Nummer 216 sind erneut diverse Beobachtungen des Ringsystems und der Atmosphäre des Saturn sowie verschiedener Saturnmonde vorgesehen. Den Höhepunkt dieses nächsten Orbits bildet dabei ein weiterer gesteuerter Vorbeiflug an dem Mond Titan, welcher von der Raumsonde am 8. Mai 2015 in einer Entfernung von rund 2.700 Kilometern passiert werden soll.

Die Mission Cassini-Huygens ist ein Gemeinschaftsprojekt der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA, der europäischen Weltraumagentur ESA und der italienischen Weltraumagentur ASI. Das Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in Pasadena/Kalifornien, eine Abteilung des California Institute of Technology (Caltech), leitet die Mission im Auftrag des Direktorats für wissenschaftliche Missionen der NASA in Washington, DC. Nach dem derzeitigen Planungsstand soll Cassini den Saturn noch bis zum Jahr 2017 erkunden und am 15. September 2017 aufgrund des dann nahezu komplett aufgebrauchten Treibstoffvorrates kontrolliert in der Atmosphäre des Ringplaneten zum Absturz gebracht werden (Raumfahrer.net berichtete).

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