Raumsonde Cassini: Der Saturnorbit Nummer 163

Bereits am 1. März 2012 begann der mittlerweile 163. Umlauf der Raumsonde Cassini um den Planeten Saturn. Der Schwerpunkt der während des 18 Tage dauernden Umlaufs vorgesehenen wissenschaftlichen Studien liegt in der Untersuchung verschiedener Saturnmonde.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: CICLOPS, JPL, Planetary Society.

NASA, JPL-Caltech, Space Science Institute
Diese am 5. Januar 2012 angefertigte Aufnahme zeigt den Mond Titan neben dem Saturn. In der vergrößerten Version des Bildes ist zudem rechts neben dem Saturn und unmittelbar oberhalb des Ringsystems der kleine Mond Prometheus als kleiner heller Punkt zu erkennen.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, Space Science Institute)

Bereits am 1. März 2012 hat die Raumsonde Cassini auf ihrer elliptischen Umlaufbahn um den Saturn um 04:51 MEZ erneut die Apoapsis, den Punkt ihrer größten Entfernung zum Saturn, erreicht. Zu diesem Zeitpunkt befand sich Cassini in einer Entfernung von rund 2,38 Millionen Kilometern zu der obersten Wolkenschicht des Saturn und begann damit zugleich ihren mittlerweile 163. Umlauf um den Ringplaneten. Die Raumsonde wird sich auch in den kommenden zwei Monaten weiterhin auf einer Orbitbahn bewegen, welche fast genau auf einer Ebene mit der Ringebene des Saturn sowie den Umlaufbahnen mehrerer größerer Saturnmonde verläuft.

Diese äquatoriale Flugbahn der Raumsonde – während des jetzigen Orbits beträgt die Inklination lediglich 0,4 Grad – ermöglicht es den an der Mission beteiligten Wissenschaftlern unter anderem, die Kanten der Saturnringe abzubilden. Durch die Auswertung dieser Bilder ist es zum Beispiel möglich, deren vertikale Ausdehnung zu ermitteln. Außerdem ergibt sich bei diesem Verlauf der Umlaufbahn die Möglichkeit, sich im Rahmen eines einzigen Orbits unter günstigen Umständen gleich mehreren Saturnmonden zu nähern, deren Bahnen ebenfalls in der Äquatorebene des Saturn verlaufen.

Wie bereits die vorherigen Umläufe wird auch der jetzt begonnene Orbit, er trägt die Bezeichnung „Rev 162“, von den an der Mission beteiligten Wissenschaftlern in erster Linie dazu genutzt werden, um den Ringplaneten und den größten seiner 62 bisher bekannten Monde, den etwa 5.150 Kilometer durchmessenden Titan, mit verschiedenen Instrumenten zu untersuchen und aus unterschiedlichen Entfernungen mit der ISS-Kamera der Raumsonde abzubilden.

NASA, JPL-Caltech, Space Science Institute
Der Mond Mimas ist in dieser Aufnahme vom 21. Dezember 2011 unterhalb des Ringsystems zu erkennen. Aus einer Entfernung von etwa 2,7 Millionen Kilometern erreicht die NAC-Kamera eine Auflösung von 16 Kilometern pro Pixel. Über den Ringen ist ein Hintergrundstern sichtbar.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, Space Science Institute)

Für das aus einer Telekamera (NAC) und einer Weitwinkelkamera (WAC) bestehende ISS-Kameraexperiment, einem von insgesamt 12 wissenschaftlichen Instrumenten an Bord von Cassini, sind während des 18 Tage dauernden Orbits insgesamt 38 Beobachtungskampagnen vorgesehen. Ein großer Teil dieser Beobachtungen wird dabei erneut das gewaltige Sturmgebiet zum Ziel haben, welches sich seit dem Dezember 2010 über der nördliche Hemisphäre des Saturn ausdehnt (Raumfahrer.net berichtete). Außerdem sind verschiedene Beobachtungen der Monde Enceladus und Rhea vorgesehen, welche am 10. März im Rahmen von zwei nicht gesteuerten Vorbeiflügen passiert werden.

Die ISS-Kamera nahm ihren wissenschaftlichen Betrieb während des jetzigen Orbits bereits am gestrigen Tag auf. Das Ziel der Beobachtung des Mondes Titan, welche aus einer Entfernung von etwa 1,96 Millionen Kilometern erfolgte, war die Dokumentation der oberen Atmosphärenschichten und der dort befindlichen Wolkenstrukturen.

NASA, JPL-Caltech, Space Science Institute
Diese am 4. Januar 2012 mit der NAC-Kamera angefertigte Aufnahme zeigt den Mond Enceladus und Teile des Ringsystems des Saturn.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, Space Science Institute)

Nach dem Abschluss dieser Beobachtungskampagne wurde sich die ISS-Kamera auf den Mond Thrymr ausgerichtet, um diesen aus einer Entfernung von rund 9,5 Millionen Kilometern über einen Zeitraum von 18 Stunden mehrfach abzubilden. Außer den Daten von dessen Umlaufbahn um den Saturn, seinem Durchmesser von etwa 5,6 Kilometern und seiner im Vergleich zu den anderen kleinen Monden relativ hohen mittleren Dichte von 2,3 Gramm pro Kubikzentimeter, welche auf eine Zusammensetzung aus Wassereis mit einem hohen Anteil an Silikatgestein hindeutet, ist über diesem erst im Jahr 2000 entdeckten Saturnmond bisher nur sehr wenig bekannt.

Anhand der Variationen in der sich bei der Beobachtung ergebenden Lichtkurve und dem Abgleich mit vorherigen Beobachtungen sollen dessen Helligkeitsvariationen und die sich daraus ergebende Rotationsperiode näher bestimmt werden. Diese Beobachtung ist ein Bestandteil einer langfristig angelegten Kampagne, in deren Verlauf mehrere der kleinen, äußeren Saturnmonde unter verschiedenen Beleuchtungsverhältnissen aus mehreren Millionen Kilometern Entfernung abgebildet werden. Vergleichbare Beobachtungen sind für den 8. und 9. März vorgesehen und werden die Monde Jarnsaxa und Mundilfari zum Ziel haben.

Trotz der großen Distanz zwischen den Monden und der Raumsonde kann Cassini bei derartigen Beobachtungen neben den Rotationsgeschwindigkeiten der Monde wertvolle Daten über deren Ausdehnung, die sich daraus ergebende Gestalt und die Neigung der Rotationsachsen gewinnen. Entsprechende Ergebnisse wurden Anfang Oktober 2011 auf dem EPSC-DPS Joint Meeting 2011, einem internationalen Planetologen-Kongress, im französischen Nantes präsentiert.

NASA, JPL, ASI, University of Arizona, University of Leicester
Eine Falschfarbenaufnahme von Polarlichtern über dem Südpol des Saturn. Die Einzelbilder für dieses Mosaik wurden vom Visual and Infrared Mapping Spectrometer (VIMS) am 1. November 2008 angefertigt.
(Bild: NASA, JPL, ASI, University of Arizona, University of Leicester)

Zwischen dem 5. und dem 7. März steht der Saturn auf dem Beobachtungsprogramm. Die ISS-Kamera wird sich in diesem Zeitraum auf dessen südliche Hemisphäre ausrichten und in Zusammenarbeit mit dem Ultraviolet Imaging Spectrometer (UVIS) nach Polarlichtern Ausschau halten, welche eventuell in der Südpolregion auftreten, und diese abbilden. Für den 9. März ist eine kurze Zündung der Triebwerke der Raumsonde vorgesehen. Dieses als „Short Engine Burn“ (kurz „SEB“) bezeichnete Manöver dient einer notwendigen Kurskorrektur. Ein weiterer SEB ist für den 15. März eingeplant.

Am 10. März wird Cassini um 03:13 MEZ die Periapsis, den Punkt der größten Annäherung an den Saturn während ihres 163. Orbits, erreichen. Zu diesem Zeitpunkt wird sich die Raumsonde 135.530 Kilometer über der obersten Wolkenschicht des Saturn befinden. Wenige Stunden zuvor erfolgt ein dichter, nicht gesteuerter Vorbeiflug an dem Saturnmond Enceladus, welcher um 00:22 in einer Entfernung von 9.176 Kilometern mit einer Geschwindigkeit von 7 Kilometern pro Sekunde passiert werden wird. Neben anderen Instrumenten soll dabei auch die ISS-Kamera eingesetzt werden, um die Oberfläche des Mondes aus verschiedenen Entfernungen und Blickrichtungen abzubilden.

Um 16:03 MEZ erfolgt anschleißend ein ebenfalls nicht gesteuerter Vorbeiflug an dem Mond Rhea. Dieser zweitgrößte Mond des Saturn wird dabei in einer Entfernung von 41.858 Kilometern mit einer Geschwindigkeit von 7,5 Kilometern pro Sekunde passiert werden. Im Rahmen des Vorbeifluges sind drei Beobachtungskampagnen der ISS-Kamera vorgesehen. Zuerst soll die Kamera während der Anflugsphase zusammen mit einem weiteren Spektrometer der Raumsonde, dem Composite Infrared Spectrometer (CIRS), den zu diesem Zeitpunkt nur teilweise von der Sonne beschienenen und deshalb lediglich als schmale Sichel erkennbaren Mond abbilden. Die CIRS-Beobachtung dient der Erstellung einer Karte der auf der Oberfläche von Rhea herrschenden Temperaturverteilung.

NASA, JPL, JHUAPL
Die künstlerische Darstellung eines eventuell den Mond Rhea umgebenden Ringsystems.
(Bild: NASA, JPL, JHUAPL)

Während der dichtesten Annäherung soll die ISS-Kamera ein aus 30 Einzelbildern bestehendes Mosaik der Oberfläche anfertigen. Dabei werden unter anderem auch die beiden Impaktbecken Mamaldi und Tirawa in das Aufnahmefeld geraten. Während der Abflugphase soll die Kamera schließlich die nähere Umgebung des Mondes abbilden und dabei nach Hinweisen für ein eventuell existierendes Ringsystem suchen (Raumfahrer.net berichtete). Die Kamera, so die Berechnungen der an der Cassini-Mission beteiligten Wissenschaftler, könnte dabei Ringpartikel ab einer Größe von etwa fünf bis zehn Metern direkt nachweisen. Allerdings waren vergleichbare Beobachtungen in der Vergangenheit erfolglos, so dass die Wissenschaftler mittlerweile die Existenz eines solchen Ringsystems bezweifeln.

Zwischen dem 11. und dem 18. März wird schließlich der Saturn in den Fokus der Kamera rücken. Insgesamt sind in diesem Zeitraum 14 Beobachtungskampagnen vorgesehen, welche das immer noch auf der nördlichen Hemisphäre aktive Sturmgebiet zum Ziel haben. Mit diesen Aufnahmen soll dessen aktuelle Ausdehnung und Entwicklung dokumentiert werden.

NASA, JPL, Space Science Institute
Der momentane Verlauf der Flugbahn von Cassini ermöglicht es, die Kanten der Saturnringe abzubilden und die vertikale Ausdehnung der Ringe zu ermitteln. Diese Aufnahme des Saturn wurde am 25. Februar 2011 aus einer Entfernung von 2,2 Millionen Kilometern angefertigt. Durch die Verwendung verschiedener Filter wird der Planet dabei in Echtfarben wiedergegeben. Gut erkennbar ist das Sturmgebiet über der nördlichen Planetenhemisphäre.
(Bild: NASA, JPL, Space Science Institute)

Am 12. März sollen zudem mehrere der kleineren inneren Saturnmonde im Rahmen sogenannter astrometrischer Beobachtungen abgebildet werden. Die Umlaufbahnen dieser kleinen und entsprechend massearmen Saturnmonde unterliegen einer permanenten gravitativen Beeinflussung durch den Saturn und dessen größeren Monden, was zu minimalen Veränderungen der jeweiligen Umlaufbahnen führen kann.

Das wissenschaftliche Ziel der anzufertigenden Aufnahmen der Monde Epimetheus, Helene, Pandora, Telesto, Anthe und Methone besteht darin, die bisher verfügbaren Daten über deren jeweilige Umlaufbahnen noch weiter zu verfeinern. Die entsprechenden Fotosequenzen werden allerdings durchweg aus größeren Distanzen angefertigt, so dass im Rahmen dieser Beobachtungen keine Oberflächendetails der jeweiligen Monde aufgelöst werden können. Weitere astrometrische Beobachtungskampagnen sind für den 13., 15. und 17. März vorgesehen.

Cassini wird schließlich am 19. März 2012 um 00:55 MEZ in einer Entfernung von rund 2,4 Millionen Kilometern zum Saturn erneut die Apoapsis erreichen und diesen 163. Orbit um den Ringplaneten beenden. Während des damit beginnenden Orbits Nummer 164 wird am 27. März ein gesteuerter Vorbeiflug an dem Mond Enceladus erfolgen. Enceladus wird dabei in einer Distanz von lediglich 74 Kilometern mit einer Geschwindigkeit von 7,5 Kilometern überfolgen werden. Außerdem erfolgen am 27. und 28. März zwei nicht gesteuerte Vorbeiflüge an den Monden Janus und Dione.

Die Mission Cassini-Huygens ist ein Gemeinschaftsprojekt der amerikanischen Weltraumbehörde NASA, der europäischen Weltraumagentur ESA und der italienischen Weltraumagentur ASI. Das Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in Pasadena/Kalifornien, eine Abteilung des California Institute of Technology (Caltech), leitet die Mission im Auftrag des Direktorats für wissenschaftliche Missionen der NASA in Washington, DC.

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