Sentinel-1A – erster Baustein im Copernicus-Programm

Mit dem erfolgreichen Start von Sentinel 1A am 03. April 2014 in Kourou geht das ambitionierte Copernicus-Programm der Europäischen Union und der Europäischen Raumfahrtagentur zur Umweltüberwachung in seine aktive Phase. In den nächsten Jahren folgen nun weitere eigenständige Sentinel-Satelliten und Analysegeräte an Bord anderer Satelliten, um unterschiedlichsten Zielen bei der Erdbeobachtung gerecht zu werden.

Ein Beitrag von Roland Rischer. Quelle: ESA, Thales Alenia, Arianespace, Airbus Space.

Das Eckige muss ums Runde - Sentinel 1A auf Sojus auf dem Weg in die Erdumlaufbahn
(Bild: ESA, Arianespace)
Das Eckige muss ums Runde – Sentinel 1A auf Sojus
auf dem Weg in die Erdumlaufbahn
(Bild: ESA, Arianespace)

Der Start des Radarsatelliten Sentinel 1A auf Sojus VS07 am 03. April 2014 um 23:02 Uhr MESZ (18:02 Ortszeit Kourou) vom Startkomplex in Sinnamary/Kourou in Französisch-Guyana verlief erfolgreich. Die drei Sojus-Stufen und die nach knapp zehn Minuten gezündete Fregat-Oberstufe (vierte Stufe) arbeiteten zuverlässig. Nach rund siebenjähriger Entwicklungszeit erreichte Sentinel 1A eine knappe halbe Stunde nach dem Start wie geplant die vorläufige Erdumlaufbahn. Es folgt nun eine 72-stündige „Launch and Early Orbit Phase“ (LEOP). In ihr werden die Bordsysteme hochgefahren und ersten Tests unterworfen. In der LEOP werden auch die beiden zehn Meter langen Solarzellenflügel und die charakteristische Radarantenne ausgeklappt (ESA-Video hier). Beide Vorgänge dauern mehrere Stunden. Nach der LEOP-Phase folgt die dreimonatige Kommissionierungsphase, während der die wissenschaftlichen Instrumente kalibriert werden.

Sentinel 1A wiegt 2,2 Tonnen und wird die Erde in 693 Kilometern auf einem sonnensynchronen Orbit, das heißt mit einem Inklinationswinkel von 98,18 Grad, umkreisen. Das Radar vom Typ SAR (Synthetic Aperture Radar) erlaubt eine wetterunabhängige 24-Stunden-Überwachung, deckt beim Überflug einen Streifen von bis zu 400 Kilometern Breite ab und kann Fünf-Meter-Objekte auflösen. Bilddaten können bei Bedarf, etwa im Katastrophenfall, innerhalb von 60 Minuten geliefert werden. Allerdings – was gut für die Auflösung ist, ist schlecht für die Wiederholungsfrequenz. Der relativ schmale Aufnahmestreifen bedingt vergleichsweise lange Abstände beim Überflug gleicher Orte. Erst wenn in weiteren 18 Monaten der Schwestersatellit Sentinel 1B im Orbit positioniert ist, wird jeder Punkt im Sechs-Tage-Rhythmus erfasst. Der baugleiche Sentinel 1B wird die Erde um 180 Grad versetzt umkreisen.

Laut Airbus Defence and Space in Friedrichshafen (vormals Astrium) sind beim SAR vier verschiedene Beobachtungsmodi möglich. Die 12,30 x 0,90 Meter große Hauptantenne setzt sich aus 560 miteinander gekoppelten Einzelantennen zusammen und arbeitet im C-Band mit einer Wellenlänge von sechs Zentimetern. Nach ESA-Angaben können damit durch die Vegetation hindurch Veränderungen der Oberfläche – speziell Bewegungen – im Zentimeter- und sogar im Millimeterbereich wahrgenommen werden. In der höchsten Leistungsstufe müsse es jedoch nach jeweils 25 Minuten abgekühlt werden. In dieser Phase könnten aber weiterhin Bilder mit geringerer Auflösung erstellt werden.

So soll es mal aussehen - Sentinel 1A bei der Arbeit. Der dreiachsstabilisierte Satellit hat eine Bauhöhe von 4,4 Metern. Seine Solarzellen liefern 6,1 Kilowatt Leistung.
(Bild: ESA/ATG medialab)
So soll es mal aussehen – Sentinel 1A bei der Arbeit.
Der dreiachsstabilisierte Satellit hat eine Bauhöhe
von 4,4 Metern. Seine Solarzellen liefern
6,1 Kilowatt Leistung.
(Bild: ESA/ATG medialab)

Die Datenausbeute des Satelliten stellt natürlich auch die Datenübertragung zur und Vorverarbeitung auf der Erde vor Herausforderungen. Neben Funkübertragung arbeitet Sentinel 1A auch mit einem Laser-Kommunikationsterminal von Tesat (Backnang) zur Datenübertragung über das European Data Relay Satellite System (EDRS) der ESA, wenn kein direkter Kontakt von Sentinel zu einer Bodenstation möglich ist. Konkret wird ein Laserterminal an Bord des künftigen Eutelsat-9B die Daten von Sentinel empfangen. Der ab 2015 geostationär positionierte Kommunikationssatellit wird unter anderem als EDRS-Datensatellit dienen und sendet die Daten sodann im Ka-Band (27 bis 40 GHz) zur Erde. Bis dahin wird die Technik über ein Laserterminal an Bord des am 25. Juli 2013 gestarteten Telekommunikationssatelliten Alphasat erprobt.

Allein Sentinel 1A wird, so die ESA, täglich bis zu 3 Terabyte Daten zur Erde senden. Zum Vergleich, bei Envisat war es ein Zehntel davon. In den Bodenempfangsstationen angekommen, fließen die Daten in das von T-Systems konzipierte Copernicus-WAN (Wide Area Network), das im Kern aus zwei redundanten Glasfaserleitungen mit einer Übertragungskapazität von je zehn Gigabit Daten pro Sekunde besteht. Nächste Station sind zwei „Processing and Archiving Center“ (PAC), eines beim Deutschen Fernerkundungsdatenzentrum des DLR in Oberpfaffenhofen und das andere bei der Firma Infoterra in Großbritannien. Dort werden die Daten archiviert, für die Endabnehmer thematisch aufbereitet und an diese auf den Weg gebracht.

Sentinel-1A und -1B sollen mindestens sieben Jahre arbeiten. Der mitgeführte Treibstoff erlaubt laut ESA eine Verlängerung der Missionsdauer um bis zu fünf Jahre.

Sentinel 1A ist Teil des Copernicus-Programms, ein Gemeinschaftsvorhaben der Europäischen Kommission und der Europäischen Weltraumorganisation ESA. Es wurde 1998 unter dem Namen „Global Monitoring for Environment and Security“ (GMES) gestartet. Mit ihm werden umfassender als bisher Fernerkundungsdaten der Erde erfasst und ausgewertet. Neben mehreren Satelliten sind auch Vor-Ort-Messstationen auf der Erde eingebunden. Die Satelliten beziehungsweise Instrumente im Einzelnen:

  • Sentinel-1A und -1B ist die – oben beschriebene – bildgebende Radarsatellitenmission.
  • Sentinel-2A und -2B wiegen je 1,1 Tonnen und erfassen aus 780 Kilometern Höhe u.a. die Vegetationsentwicklung vom sichtbaren bis zum Infrarotbereich. Bildsensor und Optik erlauben eine Auflösung von bis zu zehn Metern bei einer Streifenbreite von 290 Kilometern. Ein Überflug erfolgt alle fünf Tage durch einen der beiden Satelliten. Die Missionsdauer beträgt sieben Jahre plus Option auf weitere fünf Jahre.
  • Sentinel-3A und -3B umlaufen die Erde sonnensynchron in rund 800 Kilometern Höhe und beobachten Land-, Eis- und hauptsächlich Ozeanflächen. Zum wissenschaftlichen Instrumentarium zählen ein hochpräziser Radar-Höhenmesser und ein Radiometer zur Messung von Oberflächentemperaturen auf 0,3 Grad Celsius genau. Zusätzlich wird jeder Punkt der Erdoberfläche alle zwei Tage optisch erfasst. Der Beobachtungsstreifen des über 21 Spektralkanäle verfügenden Aufnahmegeräts ist 1.270 Kilometer breit.
  • Sentinel 4 ist kein eigenständiger Satellit. Geplant sind zwei Spektrometer an Bord von geostationären Satelliten der dritten Meteosat-Generation (MTG-S) zur stündlichen Analyse der chemischen Zusammensetzung der Atmosphäre über Europa.
  • Sentinel 5/5p sind ebenfalls lediglich Instrumente an Bord der in rund 830 Kilometern Höhe polarumlaufenden Wettersatelliten MetOp Second Generation (MSG). Die TROPOMI genannten Spektrometer messen laut ESA unter anderem die Konzentration von Stickstoffdioxid, Schwefeldioxid, Kohlenmonoxid, Formaldehyd, Ozon und Aerosolen in der unteren Atmosphäre (Troposphäre).
  • Mit Sentinel 6 oder JASON-CS (JASON Continuity of Services) kommt ein zusätzlicher Radar-Höhenmesser in eine Umlaufbahn, der zusammen mit den Sentinel-3-Altimetern eine exaktere Messung von Meeresspiegeländerungen erlaubt.

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