Sonnenobservatorium ADITYA L1 nicht vor 2019 im All

Die indische Weltraumforschungsorganisation (ISRO) berichtete am 26. Januar 2016, dass ihr Sonnenobservatorium ADITYA L1 frühestens im Jahre 2019 in den Weltraum transportiert werden wird. Ursprünglich wurde einmal ein Start im Jahre 2012 anvisiert, zahlreiche Verzögerungen im indischen Raumfahrtprogramm machten entsprechende Hoffnungen jedoch zunichte.

Ein Beitrag von Thomas Weyrauch. Quelle: ISRO

Bestandteile von ADITYA L1 - Illustration
(Bild: ISRO)
Bestandteile von ADITYA L1 – Illustration
(Bild: ISRO)

Aktuell geht die ISRO von einem Start 2019 oder 2020 vom Satish Dhawan Space Center (SDSC) auf Sriharikota an Indiens Südküste aus. Als Trägerrakete für das Sonnenobservatorium soll eine des Typs PSLV-XL zum Einsatz kommen.

Anfangs sah der Missionsentwurf für das Observatorium nur ein zentrales Instrument vor, einen Koronographen namens Visible Emission Line Coronagraph (VELC). Zwischenzeitlich wurde das Aufgabenfeld von ADITYA L1 deutlich erweitert, die Satellitenmasse ist merklich angestiegen.

Als Arbeitsorbit der zunächst ADITYA 1 genannten Mission mit einem Raumfahrzeug mit einer Masse im Bereich von 400 Kilogramm war anfänglich ein polarer in rund 800 Kilometern über der Erde vorgesehen. Nach neuesten Angaben der ISRO will man das Sonnenobservatorium künftig beim Lagrange Punkt L1 zwischen Sonne und Erde betreiben. Deshalb wird das Observatorium nun ADITYA L1 genannt.

Ein Orbit um den Lagrange Punkt L1 in rund 1,5 Millionen Kilometern Abstand von der Erde hat den Vorteil eines zeitlich uneingeschränkten Blicks Richtung Sonne, ohne dass sich das Observatorium durch den Erdschatten bewegt.

Die von den Messungen von ADITYA L1 erhofften Daten sollen bei der Beantwortung der Fragen helfen, welche physikalischen Prozesse für die Aufheizung der Korona unseres Zentralgestirns sorgen (Temperaturen zwischen ein und zwei Millionen Grad Celsius), den Sonnenwind auf bis zu 1000 km/s beschleunigen und die koronalen Masseauswürfe (coronal mass ejections, CMEs) verursachen.

Bestandteile von ADITYA L1 - Illustration (letzter Stand)
(Bild: ISRO)
Bestandteile von ADITYA L1 – Illustration
(letzter Stand)
(Bild: ISRO)

Mit der erweiterten Instrumentierung des Sonnenobservatoriums wird es außerdem möglich sein, die unterste Schicht der „Atmosphäre“ der Sonne, die Photosphäre in den Bereichen weicher und harter Röntgenstrahlung zu beobachten und die an die Photosphäre anschließende, außen in die Korona übergehende Chromosphäre im Bereich des Ultravioletten Lichts (UV) zu untersuchen.

Teilchendetektoren werden den von der Sonne kommenden Partikelfluss um das Observatorium auf seiner Bahn um den L1-Punkt erfassen können und Magnetometer werden in der Lage sein, die Feldstärke des von der Sonne erzeugten Magnetfelds im Bereich der Bahn des Observatoriums zu ermitteln. Teilchendetektoren und Magnetometer wären laut ISRO auf einer erdnahen Umlaufbahn in rund 800 Kilometern über der Erde nicht sinnvoll zu betreiben gewesen, da sie sich dort im unmittelbaren Einflussbereich des Erdmagnetfeldes befunden hätten.

Die umfangreiche Instrumentierung wird nach Angaben der ISRO Sonnenforschern verschiedenster Institutionen aus Indien Gelegenheit geben, weltraumgestützte Instrumente zur Beobachtung der Sonne einzusetzen.

Im einzelnen besteht die für ADITYA L1 vorgesehene Instrumentenausstattung nach aktueller Planung aus den folgenden Geräten:

Visible Emission Line Coronagraph (VELC)
Der Koronograph VELC ist für das Studium der Korona der Sonne gadacht. Außerdem soll er der Untersuchung der Dynamik und der Quelle von CMEs dienen. Um seine Aufgaben zu erfüllen, ist er vierkanalig ausgelegt. Drei der Kanäle decken Bereiche des sichtbaren Lichts ab, eine Kanal liegt im Infraroten (IR). Der Koronograph wird entwickelt und betreut vom Indischen Astrophysikalischen Institut (Indian Institute of Astrophysics, IIA) aus Bangalore.

Solar Ultraviolet Imaging Telescope (SUIT)
Mit dem UV-Teleskop SUIT will man Photosphäre und Chromosphäre der Sonne im nahen UV auf Wellenlängen zwischen 200 und 400 Nanometern beobachten und Variationen in der von der Sonne ausgesandten Strahlung ermitteln. Das Teleskop wird betreut vom Interuniversitären Zentrum für Astronomie und Astrophysik Pune (Inter University Centre for Astronomy and Astrophysics, IUCAA).

Plasma Analyser Package for Aditya (PAPA)
PAPA wird sich laut Plan mit den Sensoren SWEEP (Solar Wind Electron Energy Probe) und SWICAR (Solar Wind Ion Composition AnalyseR) der Energieverteilung im Sonnenwind und seiner Zusammensetzung in einem Energiebereich zwischen 0,01 und 3 keV annehmen. Mütter und Väter des Plasmaanalysepackets PAPA sitzen im Labor für Weltraumphysik (Space Physics Laboratory, SPL) des Vikram Sarabhai Raumfahrtzentrum (Vikram Sarabhai Space Centre, VSSC) aus Thiruvananthapuram.

Aditya Solar Wind Particle Experiment (ASPEX)
Der Detektorkomplex für Partikel im Sonnenwind ASPEX ist insbesondere der Ermittlung von Variationen und Verteilung von Teilchen im Sonnenwind gewidmet. Ein SWIS für Solar Wind Ion Spectrometer genanntes Spektrometer soll Protonen, Alpha-Teilchen und schwere Ionen in einem Bereich von 100 eV bis 20keV unterscheiden können. Das STEPS für Supra Thermal Energetic Particle Spectrometer genannte Spektrometer soll Sonnenwind aus vier verschiedenen Richtungen erfassen und ist für Energien zwischen 20keV und 5 MeV empfindlich. Die Anlage kommt vom Physkialischen Forschungslabor (Physical Research Laboratory, PRL) aus Ahmedabad.

Solar Low Energy X-ray Spectrometer (SoLEXS)
Mit dem Röntgenspektrometer SoLEXS will man die von Plasma-Magnetfeldbögen ausgehende Röntgenstrahlung zwischen einem und 30 keV messen, wovon man sich Unterstützung beim Studium der Vorgänge, die für die Aufheizung der Korona der Sonne sorgen, verspricht. Das Spektrometer ist ein Projekt des ISRO-Zentrums für Raumfahrtanwendungen (ISRO Satellite Centre, ISAC) in Bangalore.

High Energy L1 Orbiting X-ray Spectrometer (HEL1OS)
Um dynamische Ereignisse in der Sonnenkorona zu beobachten, wird man ADITYA L1 auch mit einem Spektrometer für energiereiche Röntgenstrahlung ausstatten. Ein Detektor aus CdZnTe und einer aus CdTe werden sich im jeweils nutzbaren Energiebereich überlappen und so Beobachtungen in einem Bereich von Strahlung zwischen 10 und 150 keV ermöglichen. Man erwartet von HEL1OS Daten, die eine Abschätzung der Energie, die für die Beschleunigung von Teilchen bei eruptiven Ausbrüchen (CMEs) verantwortlich ist, zulassen. HEL1OS ist ein gemeinsames Programm des ISAC und des Sonnenobservatoriums Udaipur (Udaipur Solar Observatory, USO) des PRL.

Magnetometer
Das Labor für elektrooptische Systeme (Laboratory for Electro-optic Systems (LEOS) aus Bangalore steuert zusammen mit dem ISAC Magnetometer-Technik bei, mit deren Hilfe man Stärke und Natur des Magnetfelds im interplanetarischen Raum im Bereich der Flugbahn von ADITYA L1 untersuchen möchte.

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