Spirits letzte Fahrt ist beendet

Am 12. Februar 2010 gab die amerikanische Weltraumbehörde NASA bekannt, dass der Marsrover Spirit seine letzte Fahrt vor dem Einbruch des Marswinters beendet hat. Das Ziel dieses Manövers bestand darin, Spirit in eine Position zu dirigieren, in welcher eine größtmögliche Energieausbeute des ausschließlich solarbetriebenen Rovers möglich ist.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: JPL, Planetary Society, Malin Space Science Systems, Cornell University. Vertont von Peter Rittinger.

NASA, JPL, Fotomontage: Glen Nagle
Diese künstlerische Darstellung veranschaulicht die Situation von Spirit Anfang des Jahres 2010. Das zugrundeliegende Foto wurde von Spirit aufgenommen. Der Rover wurde nachträglich eingefügt. Seine Positionierung entspricht dabei den realen Gegebenheiten. Süden befindet sich im Bildhintergrund.
(Bild: NASA, JPL, Fotomontage: Glen Nagle)

Auf seiner Fahrt durch das im Gusev-Krater gelegene “West Valley” brach der von der NASA betriebene Marsrover Spirit am 23. April 2009 durch die dünne Kruste der Oberfläche und versank mit seinen zu diesem Zeitpunkt nur noch fünf funktionsfähigen Rädern tief im darunter befindlichen extrem feinen Sand. Nach mehrmonatigen Analysen und Simulationen der Situation begannen die für die Steuerung des Rovers verantwortlichen “Marsrover-Driver” des Jet Propulsion Laboratory (JPL) im November 2009 mit den Versuchen, Spirit aus dieser misslichen Lage zu befreien.

In den folgenden zwei Monaten gelang es den Marsrover-Drivern trotz aller Bemühungen nicht, den Rover aus dieser Sandfalle zu befreien. Als Konsequenz aus den vergeblichen Versuchen teilte die NASA am 26. Januar 2010 im Rahmen einer Pressekonferenz mit, dass die Befreiungsversuche eingestellt werden. Stattdessen wolle man sich darauf konzentrieren, Spirit an seinem momentanen Aufenthaltsort in eine Position zu manövrieren, welche dem Rover eine bestmögliche Ausrichtung auf die Sonne und somit zugleich eine optimale Aufnahme an Sonnenenergie ermöglicht (Raumfahrer.net berichtete).

Genauso wie der auf der anderen Seite des Mars aktive Rover Opportunity wird Spirit ausschließlich durch Solarenergie mit Strom versorgt. Spirit befindet sich momentan innerhalb des Gusev-Kraters auf einer Position bei 14,6 Grad südlicher Breite. Da auf der Südhalbkugel des Mars im Oktober 2009 der Herbst begonnen hat, steigt die Sonne an Spirits Standort jeden Tag etwas weniger und somit auch für einen immer kürzeren Zeitraum über den Horizont, was zu einer immer geringeren Energieausbeute der Solarzellen führt. Während der letzten Jahre hat man deshalb zu Beginn des Marswinters immer einen Ort an einem nach Norden ausgerichteten Berghang aufgesucht und Spirit dort überwintern lassen. Durch die daraus resultierende Ausrichtung der Solarpaneele auf die während des Winters im Norden stehende Sonne konnte so immer genügend Energie gewonnen werden, um diese Jahreszeit zu überstehen.

Aufgrund der Tatsache, dass Spirit seine momentane Position nicht verlassen kann, versuchte man deshalb in den letzten Wochen, den Rover an Ort und Stelle in eine bessere Ausrichtung zu manövrieren. Zu diesem Zweck wurde Spirit in die südliche Richtung bewegt. Auf diese Weise, so die Hoffnungen der an der Mission beteiligten Wissenschaftler und Ingenieure, würden die bisher tief in den Untergrund eingegrabenen Hinterräder des Rovers wieder aus dem Sand befreit werden. Durch den damit erreichten höheren Standpunkt der Hinterseite des Rovers würde sich die Ausrichtung der an der Oberseite des Rovers montierten Solarpaneele in Richtung auf die Sonne verbessern. Durch eine zeitgleich erfolgende Drehung Spirits entgegen dem Uhrzeigersinn sollte zudem auch die linke Roverseite weiter angehoben werden, was diesen Effekt noch verstärkt hätte.

NASA, JPL, Animation: Raumfahrer.net
Spirits Bewegung zwischen dem 31. Januar und dem 4. Februar 2010. Wie auch in den vorherigen Etappen konnte hierbei eine minimale Bewegung nach Süden erreicht werden.
(Bild: NASA, JPL, Animation: Raumfahrer.net)

Leider erzielten die dazu durchgeführten Fahrbewegungen Spirits nur einen minimalen Erfolg. Einerseits gelang es zwar, mit dem Rover im Verlauf der dabei durchgeführten insgesamt acht Etappen einen geradezu bemerkenswerten Geländegewinn zu erzielen. Im Zeitraum zwischen dem 15. Januar 2010, dem Sol 2.145 der Spirit-Mission, und dem 4. Februar 2010, dem Sol 2.165, bewegte sich das Zentrum des Rovers um insgesamt 34 Zentimeter in die angestrebte südliche Richtung. Beide Hinterräder konnten dabei deutlich aus dem Untergrund angehoben werden. Andererseits erwies sich die dabei erfolgte Drehung Spirits um seinen Masseschwerpunkt als kontraproduktiv. Bedingt durch die Tatsache, dass drei operable Räder auf der linken Roverseite lediglich einem funktionsfähigen Rad auf der rechten Seite gegenüber standen, kam es zu einer seitlichen Abdrift, welche in diesem Umfang nicht beabsichtigt war.

Die so erzielte Bewegung des linken Vorderrades um nahezu 80 Zentimeter führte dazu, dass sich die Gesamtneigung des Rovers nicht dauerhaft verbessern ließ. Aufgrund der immer knapper werdenden täglich zur Verfügung stehenden Energie sah sich die Missionsleitung am 8. Februar 2010, dem Sol 2.169, gezwungen, einen letzten Versuch zu unternehmen, um die Neigung Spirits zu verbessern. Zu diesem Zweck wurden während dieser Fahrt die beiden Vorderräder bewusst nicht bewegt. Das rechte Hinterrad sollte stattdessen wieder weiter in den losen Untergrund eingegraben und zeitgleich das linke Hinterrad angehoben werden. Auf diese Weise, so die Hoffnung, könnte der mittlerweile in einer Ausrichtung von Nordwest nach Südost stehende Rover etwas mehr zur Sonne ausgerichtet werden. Die bei diesem Versuch angestrebte Bewegung konnte auch durchgeführt werden, aber leider brachte das Manöver letztendlich keine deutlich erkennbare Verbesserung der Ausrichtung mit sich.

Dies hat jetzt zur Folge, dass Spirit den anstehenden Marswinter in einer ungünstigen Position verbringen muss. Wurde der letzte Winter noch auf einem nach Norden geneigten Hang des flachen “Home Plate”-Plateaus mit einer Neigung von fast 30 Grad nach Norden überstanden, so wird Spirit den kommenden Winter mit einer um neun Grad nach Süden gerichteten Neigung überdauern müssen. Dies, darin sind sich alle an der Mission beteiligten Mitarbeiter einig, wird ohne Zweifel negative Konsequenzen nach sich ziehen.

NASA, JPL-Caltech
Ein Blick durch Spirits rückwärts gerichtete Gefahrenerkennungskamera am 8. Februar 2010 zeigt die Stellung der Hinterräder während des anstehenden Marswinters.
(Bild: NASA, JPL-Caltech)

Bereits in wenigen Wochen, so die Befürchtungen am JPL, wird sich Spirit aufgrund einer negativen Energiesituation in einen speziellen Tiefschlafmodus versetzen. Für den Betrieb des Bordrechners, der internen Heizung für die wichtigsten elektronischen Bauteile und die tägliche Kommunikation mit der Erde benötigt Spirit pro Tag etwa 160 Wattstunden Energie. Sobald der Rover nicht mehr in der Lage ist, diesen Wert zu generieren, geht Spirit in den sogenannten “Hibernation mode” über. Während dieses “Hibernation mode” werden fast alle Funktionen des Rovers deaktiviert. Lediglich eine innere Uhr wird weiterlaufen und garantieren, dass Spirit in regelmäßigen Zeitabständen kurz erwacht und seinen Energiehaushalt neu bewertet.

Man geht davon aus, dass dieser Modus letztendlich mehrere Monate anhalten und man in diesem Zeitraum keine den Gesamtzustand des Rovers betreffenden Telemetriedaten oder andere Lebenssignale empfangen wird. Einer aktuellen Einschätzung des Driver-Teams zufolge wird das Einsetzen dieser Schlafphase in etwa Mitte März 2010 erfolgen und dann mindestens bis zum September des Jahres andauern.

Unter ungünstigen Umständen könnte dieser Schlafmodus sogar bis zu Beginn des Jahres 2011 anhalten. Aus diesem Grund sind die Kommunikationsspezialisten der Mission gegenwärtig damit beschäftigt, Spirit neue, bis ins Jahr 2011 reichende Kommunikationsprotokolle zu übermitteln. Durch diese Protokolle soll geregelt werden, unter welchen energiebedingten Voraussetzungen sich der Rover mit der Erde beziehungsweise mit dem als Relaisstation fungierenden Marsorbiter Mars Odyssey in Verbindung setzen soll.

Obwohl es durchaus nicht sicher ist, dass Spirit den jetzt anstehenden Marswinter unter diesen Umständen überleben kann, planen die an der Mission beteiligten Wissenschaftler trotzdem bereits jetzt die weitere Vorgehensweise für den nächsten Frühling auf dem Mars. In der Zeit bis zum erstmaligen Einsetzten des “Hibernation mode” wird Spirit mit seinen Panorama- und Navigationskameras weitere Aufnahmen seiner Umgebung anfertigen. Diese Bilder sollen später mit im nächsten Mars-Frühling zu erstellenden Aufnahmen verglichen werden. Dabei sollen dann durch Winderosion bedingte Oberflächenveränderungen in der Umgebung des momentanen Standorts studiert werden.

Eines der dabei angepeilten Fotoziele stellt die Region unmittelbar südlich des Rovers dar. Obwohl Spirit von der NASA mittlerweile als stationärer Lander eingestuft wird, haben die in den letzten Wochen erzielten minimalen Fortschritte bei der Bewegung des Rovers die Hoffnung genährt, dass es eventuell möglich sein könnte, Spirit unter besseren Umständen aus der Sandfalle des Scamander-Kraters zu befreien. Spirit wäre dann aufgrund seiner nur noch vier voll funktionsfähigen Räder zwar trotzdem nicht mehr in der Lage, größere Entfernungen zu überbrücken. Umpositionierungen auf kurze Distanz, so die optimistischen Hoffnungen der Wissenschaftler, wären jedoch eventuell möglich.

Max-Planck-Institut für Chemie, Daniel Maas
Der Instrumentenaufbau der baugleichen Marsrovers Spirit und Opportunity.
(Bild: Max-Planck-Institut für Chemie, Daniel Maas)

Um Spirit eine Gelegenheit für ein solches Manöver zu geben, muss jedoch erst einmal der Winter überstanden werden. Hierfür wird es im Laufe der kommenden Tage noch weiter Veränderungen an den Instrumenten des Rovers geben. Zum einen soll der Instrumentenarm in eine Position verbracht werden, welche dem daran montierten APXS-Spektrometer, genügend Energie zu dessen Betrieb vorausgesetzt, Messungen über die Zusammensetzung der Marsatmosphäre ermöglicht.

Bei der dabei einzunehmenden Position soll verständlicherweise vermieden werden, dass dieser an der momentan nach Norden zeigenden Vorderseite des Rovers platzierte Instrumentenarm einen Schatten auf die Solarpaneele wirft. Ebenfalls zur Minimierung des Schattenwurfes sollen die HGA-Antenne und die Kameras am Kameramast in entsprechend optimale Positionen dirigiert werden. Erste entsprechende Manöver sind für den morgigen Sol 2.174 vorgesehen.

Hier die aktuelle Auflistung der Entwicklung der Energiewerte von Spirit während der letzten Wochen. Der Tau-Wert steht dabei für die Durchsetzung der Marsatmosphäre mit Staub und Eiskristallen. Je mehr Staub sich in der Atmosphäre des Planeten befindet, desto höher fällt dieser Wert aus. Der Wert für die Lichtdurchlässigkeit der Solarzellen gibt dagegen an, wie viel Sonnenlicht die Solarpaneele trotz einer bedeckenden Staubschicht erreicht und letztendlich zur Energiegewinnung genutzt werden kann. Je niedriger der Tau-Wert und je höher der Faktor für die Lichtdurchlässigkeit ausfällt, desto besser für den Energiehaushalt des Rovers.

  • 05.01.2010: 0,243 kWh/Tag , Tau-Wert 0,482 , Lichtdurchlässigkeit 54,50 Prozent
  • 12.01.2010: 0,225 kWh/Tag , Tau-Wert 0,490 , Lichtdurchlässigkeit 53,90 Prozent
  • 19.01.2010: 0,211 kWh/Tag , Tau-Wert 0,400 , Lichtdurchlässigkeit 54,20 Prozent
  • 28.01.2010: 0,182 kWh/Tag , Tau-Wert 0,379 , Lichtdurchlässigkeit 52,20 Prozent
  • 01.02.2010: 0,188 kWh/Tag , Tau-Wert 0,359 , Lichtdurchlässigkeit 52,30 Prozent
  • 09.02.2010: 0,185 kWh/Tag , Tau-Wert 0,292 , Lichtdurchlässigkeit 52,70 Prozent

Wie man sehen kann, ist der Wert der täglich generierten Energiemenge während des Januars 2010 stetig und deutlich abgefallen. Seit Ende Januar hat sich der Wert dagegen nahezu stabilisiert. Dies hat seine Ursache jedoch in erster Linie während der im gleichen Zeitraum stattgefundenen eindeutigen Verbesserung des Tau-Wertes. Man darf jedoch keinesfalls davon ausgehen, dass die Marsatmosphäre auch in den kommenden Wochen und Monaten weiterhin so frei von Staub bleiben wird.

NASA, JPL-Caltech, Malin Space Science Systems
Diese Oberflächenkarte des Mars soll die aktuelle Wetterenwicklung verdeutlichen.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, Malin Space Science Systems)

Prinzipiell ist die Atmosphäre des Mars unabhängig von gerade aktiven Staubstürmen durchweg von einem gewissen Anteil von extrem feinen Staubpartikeln durchsetzt. Zusätzlich kann es im Rahmen des momentan stattfindenden Wechsels der Jahreszeiten auch jederzeit zu einem größeren Staubsturm kommen, welcher die Zufuhr an Sonnenlicht für Spirit dramatisch reduzieren würde.

Während der letzten Woche wurden auf dem Mars mehrere lokal begrenzte Staubsturmgebiete über dem auf der Nordhälfte gelegenen Utopia Planitia und dem auf der Südhälfte befindlichen Argyre Planitia beobachtet. Das Aryre-Sturmgebiet bewegte sich dabei in Richtung auf das nordwestlich gelegene Valles Marineris zu und löste sich am 6. Februar 2010 auf. Bereits am 2. Februar 2010 kam es zu einer Zunahme der Staubaktivitäten über dem ebenfalls auf der Südhälfte des Planeten gelegenen Promethei Terra.

Dieser erhöhte Staubanteil hat mittlerweile den Großteil der südlichen mittleren Breiten des Mars erfasst. Zeitgleich konnten über weiten Teilen des Mars Wassereiswolken beobachtet werden, welche sich dabei besonders im Bereich des Randes der nördlichen Polarkappe konzentrierten. Besonders am 4. Februar registrierten die für die Wetterbeobachtung zuständigen Wissenschaftler Staubaktivitäten westlich von Spirits gegenwärtigem Aufenthaltsort. Der Himmel direkt über dem Gusev-Krater blieb dabei allerdings bis zum jetzigen Zeitpunkt von Staubkonzentrationen oder Wolken verschont. Dies könnte sich allerdings innerhalb weniger Tage ändern.

Die gegenwärtig gegebene Wettersituation stellt eine Fortsetzung des während der letzten Wochen allgemein zu beobachtenden Trends dar. Seit Beginn des Jahres 2010 haben sich mehrfach kleinere Sturmgebiete gebildet und anschließend wieder relativ schnell verflüchtigt. Diese Stürme traten besonders in den nördlichen und südlichen Breiten sowie im Bereich der nordpolaren Eiskappe auf. Das nordpolare Sturmgebiet war dabei sogar mit erdgestützten Teleskopen mit einem Spiegeldurchmesser von einem Meter deutlich erkennbar.

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