Am vergangenen Freitag wurden von der NASA die ersten Messergebnisse des SAM-Instrumentes vorgestellt, welches zuvor die chemische Zusammensetzung der Marsatmosphäre ermittelt hat. Im Rahmen dieser Messungen konnte der Marsrover Curiosity kein Methan in der Atmosphäre unseres Nachbarplaneten nachweisen.
Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: JPL.
Die Atmosphäre des Mars besteht hauptsächlich aus Kohlenstoffdioxid, welches dort im Durchschnitt mit einem Mengenanteil von 95,32 Prozent vertreten ist. Des weiteren enthält sie 2,7 Prozent Stickstoff, rund 1,6 Prozent Argon und geringe Anteile an Sauerstoff (1.300 ppm), Kohlenstoffmonoxid (800 ppm) und Wasserdampf (210 ppm). Anfang des Jahres 2003 gelang einem von Dr. Michael Mumma vom Goddard Space Flight Center (GSFC) der NASA geleitetem Team zudem der Nachweis von geringen Mengen an Methan in der Atmosphäre unseres äußeren Nachbarplaneten. Diese Messungen, welche mittels spektroskopischer Untersuchungen unter der Verwendung verschiedener irdischer Großteleskope gelangen, konnte im Jahr 2004 durch Messungen der von der europäischen Weltraumagentur ESA betriebene Raumsonde Mars Express bestätigt werden (Raumfahrer.net berichtete).
Die Messungen deuteten darauf hin, dass das Methan zum Messzeitpunkt nicht gleichmäßig in der Atmosphäre verteilt war. Vielmehr konzentrierte es sich auf eine 2.500 durchmessende Region in der Nähe des Marsäquators. Laut den Berechnungen der Wissenschaftler wurden dabei in den Regionen Terra Sabaea, Nili Fossae und Syrtis Major etwa 19.000 Tonnen des Gases freigesetzt. Die Freisetzung des Methan muss dabei erst kurz zuvor erfolgt sein, denn unter den in der Marsatmosphäre vorherrschenden Bedingungen wird dieses Gas relativ schnell unter anderem durch die fast ungehindert auf den Planeten einfallende UV-Strahlung in seine Bestandteile zerlegt. Auch die auf der Marsoberfläche anscheinend weitläufig vorhandenen Perchlorate sind durch ihre aggressiven Eigenschaften für den relativ schnell erfolgenden Abbau von organischen Verbindungen, also auch für einen Methanabbau, verantwortlich.
„Methan wird in der Marsatmosphäre auf verschiedenen Wegen relativ schnell zerstört. Unsere Entdeckung von substantiellen Methanvorkommen in der nördlichen Hemisphäre deutet somit auf einen fortlaufenden Prozess hin, durch welchen dieses Gas freigesetzt wird“, so Michael Mumma. Als mögliche Quellen für den Methannachschub kommen verschiedene geologische Prozesse wie zum Beispiel vulkanische Aktivitäten oder aber auch ein biologischer Ursprung in Frage. Methanproduzierende Mikroorganismen sind auf der Erde für etwa 90 bis 95 Prozent des hier in der Atmosphäre befindlichen Methans verantwortlich.
Eine weitere Erklärung für die Methanvorkommen auf dem Mars sind die Meteoriten, welche regelmäßig auf die Oberfläche unseres Nachbarplaneten gelangen (Raumfahrer.net berichtete). Auffällig ist zudem, dass die Methanvorkommen anscheinend jahreszeitlichen Schwankungen unterliegen – sie wurden bisher lediglich während des Sommers auf der nördlichen Marshemisphäre nachgewiesen – und zudem mit den täglichen Veränderungen des Wasserdampfgehaltes in der Atmosphäre korellieren.
Obwohl die Methanvorkommen auf dem Mars bisher von verschiedenen Wissenschaftlerteams bestätigt wurden, gilt dessen Vorhandensein aus wissenschaftlicher Sicht bisher jedoch keineswegs als endgültig gesichert. Andere Teams konnten die gesammelten Daten bei ihren Untersuchungen nicht bestätigen beziehungsweise kamen zu negativen Ergebnissen. Mit einer Konzentration von lediglich etwa 10,5 ppb befindet sich die Menge des in der Marsatmosphäre enthaltenen Methans hart an der Nachweisgrenze der bisher zur Untersuchung der Marsatmosphäre zur Verfügung stehenden Instrumente.
Dies hat sich jetzt jedoch erst kürzlich geändert. Am 6. August 2012 landete der von der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA betriebene Rover Curiosity auf der Oberfläche des Mars. Bei einem der zehn wissenschaftlichen Instrumente des Rovers handelt es sich um das Instrument Sample Analysis at Mars (kurz „SAM“). Das SAM setzt sich aus drei Messinstrumenten zusammen, von denen eines – das Tunable Laser Spectrometer (kurz „TLS“) – für die Ermittlung der chemischen Bestandteile der Marsatmosphäre und der Bestimmung von deren Mengenanteilen eingesetzt werden kann.
Kürzlich wurde das TLS erstmals für eine direkte Untersuchung der Marsatmosphäre eingesetzt, bei welcher deren Zusammensetzung mit einer sehr hohen Präzision bestimmt werden konnte. Im Rahmen dieser Messungen konnten die beteiligten Wissenschaftler allerdings kein Methan in der Marsatmosphäre nachweisen. Dieser nicht erfolgte Nachweis muss allerdings nicht bedeuten, dass die bisherigen Methannachweise auf dem Mars prinzipiell falsch sind.
Im Operationsgebiet von Curiosity, welcher innerhalb des bei 137,42 Grad östlicher Länge und 4,49 Grad südlicher Breite gelegenen Gale-Kraters aktiv ist, hat erst vor Kurzem der Frühling begonnen. Der Methannachweis im Jahr 2003 gelang jedoch während des Winters auf der Südhälfte des Mars. Sollte die Freisetzung von Methan auf dem Mars, sofern sie denn tatsächlich erfolgt, wirklich an die jeweiligen Jahreszeiten gebunden sein, so könnte der Nachweis eventuell zu einem späteren Zeitpunkt gelingen.
Nicht nur aus diesem Grund soll das SAM-Instrument auch in der Folgezeit regelmäßig dazu eingesetzt werden, um die jeweils aktuelle Zusammensetzung der Marsatmosphäre zu analysieren. Ein spezielles Augenmerk werden die beteiligten Wissenschaftler dabei darauf richten, in welchem Ausmaß sich die Zusammensetzung der Marsatmosphäre während eines Marsjahres verändert. Ein bekanntes Phänomen der Marsatmosphäre ist deren Dynamik. Während der Wintermonate frieren aufgrund der dann gegebenen tiefen Lufttemperaturen bis zu 35 Prozent des in der Atmosphäre enthaltenen Kohlenstoffdioxides aus und lagern sich dabei in Form von Trockeneis an den Polen des Planeten ab. Dieser sich stetig wiederholende Prozess von Sublimation und Resublimation hat zur Folge, dass sich sowohl die prozentuale Zusammensetzung der Atmosphäre als auch der Atmosphärendruck stetig verändern. Die Untersuchungen des SAM, aber auch die täglich erfolgenden Messungen der Wetterstation REMS werden unseren bisherigen Wissensstand über die damit verbundenen Prozesse deutlich erweitern.
Aber auch über die einstmals auf dem Mars gegebenen Bedingungen geben diese ersten Messergebnisse des SAM Aufschluss. Die Daten zeigen, dass sich in der Atmosphäre deutlich mehr „schwere“ Kohlenstoffisotope befinden als dies eigentlich der Fall sein sollte. Die gewonnenen Daten zeigen ein anormales Übergewicht der schwereren Isotope von fünf Prozent gegen über den leichteren Isotopen auf. Diese Entdeckung unterlegt die These, dass sich die ursprüngliche Atmosphäre des Mars im Laufe der Zeit zumindestens teilweise in den Weltraum verflüchtigt hat (Raumfahrer.net berichtete). Die leichteren Kohlenstoffisotope entwichen ins All während sich die schwereren Isotope auf dem Mars halten konnten.
Dies wird auch durch die Ermittlung der Isotopenverhältnisse des Edelgases Argon durch das SAM unterlegt. Das SAM-Instrument konnte bei seinen Messungen etwa 2.000 mal mehr Argon-40-Isotope in der Marsatmosphäre nachweisen als Argon-36-Isotope. Diese Verteilung der Isotopenverhältnisse deckt sich mit den Untersuchungsergebnissen von auf der Erde aufgefundenen Meteoriten, welche ihren Ursprung auf dem Mars haben.
„Bereits anhand dieser ersten atmosphärischen Messungen sehen wir die Möglichkeiten, welche sich uns durch den Einsatz eines komplexen chemischen Labors auf der Marsoberfläche ergeben“, so Paul Mahaffy vom Goddard Space Flight Center, der für das SAM-Instrument hauptverantwortliche Wissenschaftler. „Sowohl die Untersuchung der Marsatmosphäre als auch die Analyse von Oberflächenproben sind entscheidend für die Klärung der Frage, ob der Mars einstmals ein geeigneter Ort für die Entstehung von Leben war.“ Nach dem erfolgreichen Einsatz des SAM für die Untersuchung der Marsatmosphäre soll dem Instrument jetzt auch erstmals eine Bodenprobe zugeführt werden, welche daraufhin in Bezug auf ihre chemische Zusammensetzung analysiert werden soll.
Bis zum heutigen Tag, dem Sol 87 der Mission, hat der Marsrover Curiosity eine Distanz von 484 Metern auf der Oberfläche unseres Nachbarplaneten zurückgelegt. Dabei haben die Kamerasysteme des Rovers mittlerweile fast 22.000 Bilder aufgenommen und an das Roverkontrollzentrum des Jet Propulsion Laboratory (JPL) in Pasadena/Kalifornien übermittelt. Diese Bilder sind für die interessierte Öffentlichkeit auf einer speziellen Internetseite des JPL einsehbar.
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