Ein Video von Mars Express

Am 2. Juni 2010 veröffentlichte das VMC-Team der von der europäischen Weltraumagentur ESA betriebenen Raumsonde Mars Express ein bisher einmaliges Dokument. Das erste Mal wird die Umkreisung des Mars in einem aus realen Aufnahmen zusammengesetzten Video wiedergegebenen und nicht in Form einer Computeranimation.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: ESA.

ESA
In dieser Aufnahme der VMC-Kamera wird die Abtrennung des Landers Beagle 2 von der Raumsonde Mars Express dokumentiert.
(Bild: ESA)

Normalerweise überrascht uns die von der europäischen Weltraumagentur ESA betriebene Mars Express-Mission mit hochaufgelösten Aufnahmen der Marsoberfläche, welche durch das vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) betriebene HRSC-Stereokamera-Experiment an Bord der Sonde erstellt werden (Raumfahrer.net berichtete mehrfach). Mit den jetzt am 2. Juni 2010 veröffentlichten Aufnahmen wird uns jedoch eine andere Sichtweise dieser äußerst erfolgreichen Planetenmission der ESA geliefert.

Das HRSC-Experiment ist nicht die einzige Kamera an Bord von Mars Express. Nahezu unbeachtet von der Öffentlichkeit fristet die Visual Monitoring Camera (VMC) ein regelrechtes Schattendasein. Allerdings handelt es sich bei der VMC-Kamera auch nicht um eines der wissenschaftlichen Instrumente an Bord der Sonde. Der Zweck dieser kleinen Kamera bestand ursprünglich ausschließlich darin, Bilder von der Trennung des Mars-Landers Beagle 2 zu erstellen und so die Separation dieser leider fehlgeschlagenen Lander-Mission zu dokumentieren. Die Kamera verfügt deshalb nur über eine geringe Auflösung mit einer fest eingestellten Brennweite. Nach der erfolgten Trennung wurde die VMC-Kamera zunächst planmäßig deaktiviert.

Im Jahr 2008 wurde die Kamera dann allerdings erneut in Betrieb genommen und liefert seitdem in regelmäßigen Abständen niedrig aufgelöste Ansichten unseres Nachbarplaneten. Abhängig von den zur Verfügung stehenden Datentransfer-Kapazitäten werden die dabei gewonnenen Bilder an das ESOC-Kontrollzentrum in Darmstadt übermittelt und von dort aus in unbearbeiteter Form direkt im Internet online gestellt. Parallel dazu fordert die ESA die interessierte Öffentlichkeit auf, diese Bilder mit speziellen Bildbearbeitungsprogrammen zu verbessern und die Ergebnisse anschließend wieder an die ESA zu übermitteln. Die besten Resultate werden anschließend auf einer eigenen Webseite veröffentlicht. Das Ziel dieses auch als “Mars Webcam” bezeichneten Projektes besteht darin, die Öffentlichkeit besser in die Arbeit der Mars Express-Mission einzubinden.

Am 2. Juni 2010 veröffentlichte das VMC-Team eine eigene Version dieser Bilder, in der eindrucksvoll gezeigt wird, welche phantastischen Möglichkeiten sich aus diesen Aufnahmen ergeben können. Im Verlauf des Orbits Nummer 8.194 um den Mars nahm die VMC-Kamera insgesamt 600 Bilder auf, welche eine komplette Planeten-Umkreisung von Mars Express abdecken. Die Bilder wurden am 27. Mai 2010 zwischen 03:00 und 10:00 Uhr MESZ fast im Minutentakt aufgenommen und nur wenige Stunden später an die 35-Meter-Antenne der DSA-Station der ESA in New Norcia/Australien übermittelt. Die einzelnen Aufnahmen wurden dabei aus Entfernungen zwischen 10.527 Kilometern und 358 Kilometern über der Marsoberfläche angefertigt.

Anschließend wurden die Einzelaufnahmen von den Team-Mitgliedern zu einem Video zusammengesetzt, welches den gesamten Umlauf um den Mars in einer zeitlich komprimierten Fassung wiedergibt. Der Mars wird dabei aus einer Perspektive gezeigt, wie sie sich auch zukünftigen Raumfahrern bieten könnte. Am Beginn der Video-Sequenz erkennt man die Tharsis-Vulkanregion mit den drei wie an einer Perlenkette aufgereihten Vulkanen Ascraeus Mons, Pavonis Mons und Arsia Mons sowie, etwas seitlich versetzt davon, den gigantischen Olympus Mons, den höchsten Vulkan in unserem Sonnensystem. Anschließend rücken kurz das Argyre Planitia und, am linken Bildrand erkennbar, der Südpol des Planeten ins Bild, bevor Mars Express die von der Nacht umhüllte Seite des Planeten überfliegt.

Kurz nach der Rückkehr ins Tageslicht wird dann der Nordpol des Mars überquert. Hier erkennt man sehr gut die spiralförmigen Einschnitte in der Polarkappe und das Chasma Boreale, einen gewaltigen Canyon von über 600 Kilometern Länge. Anschließend wird erst die nördliche Tiefebene, das Vastitas Borealis überflogen, bevor die mittleren Breiten des Mars mit den dort befindlichen Hochländern ins Blickfeld rücken. Ganz am Schluss des Videos ist ganz kurz erkennbar, wie der innere und größere der beiden Marsmonde, Phobos, zwischen dem Mars und der Raumsonde seine Bahn zieht.

Das Video vermittelt sehr gut die stark elliptische Bahn von Mars Express. Zum Beginn der Aufnahme bewegt sich Mars Express im Bereich der am weitesten vom Planeten entfernten Position seiner polaren Umlaufbahn. Hier erreicht die Sonde auch die geringsten Geschwindigkeitswerte. Je stärker sich Mars Express dem Planeten nähert, desto mehr nimmt die Geschwindigkeit der Raumsonde zu. Nach dem Passieren der Periapsis, dem Punkt der geringsten Annäherung an die Marsoberfläche, nimmt die Geschwindigkeit wieder langsam ab.

Dieses Video ist das erste, welches jemals aus den Daten von einer den Mars umlaufenden Raumsonde erstellt wurde. Seine Erstellung wurde durch die Zusammenarbeit mit dem für die Lagekontrolle der Raumsonde verantwortlichen “Mars Express Operations Team” und dem “ESOC Flight Dynamics”-Team sowie dem für die wissenschaftlichen Aktivitäten zuständigen “Mars Express Science Team” ermöglicht. Die Aufnahmen der VMC-Kamera werden zunächst lediglich als Schwarz-Weiß-Bilder geliefert. Einer der zahlreichen Enthusiasten, welcher den Verlauf der Mars Express-Mission bereits seit Jahren verfolgt, Gordan Ugarkovic, hat das Scrip geschrieben, welches eine Umwandlung dieser Bilder in Farbaufnahmen ermöglicht. Auf der Internetseite der ESA spricht das VMC-Team allen Beteiligten seinen Dank für diese Kooperation aus.
Wurde vielleicht auch Ihre Neugier geweckt? Das VMC-Team fordert alle Interessierten ausdrücklich dazu auf, die zur Verfügung stehenden VMC-Bilder auf den eigenen Computer zu laden, diese nach eigenem Belieben zu bearbeiten und anschließend wieder an die ESA zu übermitteln. Den Zugriff auf die Bilder erhalten Sie über diese Internetseite. Informationen und Technische Details finden Sie hier.

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