Gravity Probe-B bestätigt Einstein

Obwohl die Auswertung der Sondendaten eines der komplexesten Weltraum-Experimente der Geschichte noch bis Ende des Jahres andauern wird: Erste Ergebnisse weisen auf einen Erfolg der Mission hin.

Ein Beitrag von Karl Urban. Quelle: SpaceflightNow, NASA. Vertont von Karl Urban.

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Die Delta II -Rakete startet mit GP-B am 20. April 2004.
(Bild: NASA)

Gravity Probe B (GP-B) startete am 20. April 2004 mit einem anspruchsvollen Auftrag. Die Sonde sollte zwei Vorhersagen der Allgemeinen Relativitätstheorie (ART) Albert Einsteins verifizieren, wonach massereiche Körper wie die Erde die Raumzeit verzerren. Diese Vorhersage Einsteins zu beweisen, erforderte einen Satelliten mit extrem feiner Messtechnik auf einer absolut fest definierten Umlaufbahn – der Start erfolgte daher auf die Sekunde genau.

Die Aufgabe von GP-B
Die einzige Aufgabe von GP-B war es, mit Hilfe von vier Tischtennisball-großen, schnell rotierenden Gyroskopen genau zwei Effekte zu beobachten, die von der ART vorhergesagt wurden. Zum einen sollte gemessen werden, wie die Erdmasse die lokale Raumzeit verformt. Zum anderen sollte sie zeigen, inwieweit auch die die Erde umgebende Raumzeit von der Erdmasse beeinflusst wird. Die ART besagt nun, dass die Gyroskope innerhalb eines Jahres um 6,606 Bogensekunden (oder 0,0018 Grad) innerhalb der Ebene der Satellitenbahn verschoben sein müssten. Der zweite Effekt ist sogar noch deutlich schwächer: Die lokale Raumzeit im nahen Erdorbit dürfte eine Abweichung um nur 0,039 Bogensekunden (0,000011 Grad) hervorrufen – das entspricht einem menschlichen Haar, das aus einer Entfernung von 520 Metern gesehen wird. Drei Jahre nach dem Start ist es Zeit, Bilanz zu ziehen. Nach ersten Kalibrierungen begannen im August 2004 – drei Monate nach dem Start – die Messungen. Auf einer Tagung der Amerikanischen Physikalischen Gesellschaft (APS) in Jacksonville, Florida, stellte Professor Francis Everitt am vergangenen Wochenende die ersten Ergebnisse der Sonde vor. Everitt ist Principal Investigator der Mission. Die finalen Daten werden voraussichtlich im Dezember 2007 veröffentlicht.

Bildquelle
GP-B und die Raumzeit, die durch die Erdmasse minimal verzerrt wird in einer Modelldarstellung
(Bild: Bildquelle)

Erste Ergebnisse
Obwohl die vorliegenden Aussagen Everitts noch nicht das endgültige Missionsergebnis widerspiegeln, klingen sie doch ausgesprochen zufriedenstellend. So konnte der erste Effekt mit einem Fehler kleiner als ein Prozent gemessen werden – im Sinne Einsteins. Allerdings ist der zweite Effekt rund 170 mal schwächer, so dass dessen einwandfreie Messung die Wissenschaftler noch vor eine Herausforderung stellt. Die Messtechnik von GP-B hat zwar eine ausreichende Auflösung, um diesen Effekt nachzuweisen – jedoch müssen äußere Faktoren (wie eigene Einflüsse der Sensoren) noch aus den aufgezeichneten Daten herausgerechnet werden.

„Wir gehen davon aus, dass noch rund acht Monate Arbeit vor uns stehen, in denen wir die Daten ausgiebig analysieren werden, um die maximale Genauigkeit zu erreichen. Da wir bereits eine Verbesserung der Genauigkeit von 0,1 auf 0,05 Bogensekunden Abweichung pro Jahr erreicht haben, gehen wir davon aus, den Schritt auf die benötigten 0,005 Bogensekunden gehen zu können“, sagt William Bencze, GP-B Programmmanager. „Das Analysieren der gesammelten Daten hat etwas von einer archäologischen Ausgrabung. Ein Wissenschaftler beginnt mit einem Bulldozer, arbeitet mit einem Spaten weiter und schließlich verwendet er eine Zahnbürste, um den Staub von der Schatztruhe zu wischen. Wir packen gerade die Zahnbürsten aus.“

Während der Auswertung der bisher gesammelten Daten machten die Wissenschaftler zwei Entdeckungen. So haben elektrostatische Ablagerungen auf der Oberfläche der Kreiselmotoren und deren Gehäusen für Abweichungen in zwei Drehparametern der Gyroskope gesorgt, die nichts mit der ART zu tun haben. Obwohl die Dicken dieser Schichten extrem gering sind, haben sie die Bewegung der Kreisel signifikant beeinflusst. Diese Effekte müssen nun möglichst minimiert werden. Beide Entdeckungen mussten nach ihrer Feststellung ausgiebig analysiert, im Computer modelliert und mit experimentellen Daten verglichen werden, bevor sie als Fehlerquelle aus den wissenschaftlichen Daten herausgerechnet werden können. Diese Arbeiten haben die Forscher bereits mehr als ein Jahr lang beschäftigt und dauern noch an.

Die Arbeit von GP-B wird also fortgesetzt und auch wenn die Mission offiziell Ende des Jahres abgeschlossen ist: Die Auswertung der Daten wird die Wissenschaftler sicher noch einige Zeit auf Trab halten. Dies ist jedoch gemessen an der gesamten Missionszeit kein Problem: Immerhin ist GP-B das am längsten laufende physikalische Forschungsprojekt der NASA. Im Jahr 1959 begonnen, wurde es ab 1964 von ihr finanziert und kostete bis heute 760 Millionen US-Dollar, die vor allem für die Entwicklung der hochtechnischen Messgeräte an Bord der Sonde aufgewendet werden mussten.

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