Am 11. April 2018 brachte eine Trägerrakete vom Typ PSLV den indischen Navigationssatelliten IRNSS 1I von der Rampe Nummer 1 des Raumflugzentrums Satish Dhawan der indischen Weltraumforschungsorganisation (ISRO) auf der Insel Sriharikota an Indiens Südküste aus in den Weltraum. (mit Updates)
Ein Beitrag von Axel Nantes. Quelle: ISAC, ISRO, SpectraTime.
Die erste Stufe der Rakete mit der missionsbezogenen Bezeichnung PSLV-C41 wurde von sechs zusätzlichen, seitlich angebrachten Boostern unterstützt, die Rakete flog in der sogenannten XL-Version. Letztere kam unter anderem beim Start der Schwestersatelliten von IRNSS 1I zum Einsatz. Im Rahmen der Mission PSLV-C22 gelangte IRNSS 1A am 1. Juli 2013 in den Weltraum. IRNSS 1B war am 4. April 2014 Nutzlast auf PSLV-C24. IRNSS 1C wurde am 15. Oktober 2014 von PSLV-C26 befördert, IRNSS 1D am 4. April 2015 von PSLV-C27. Die PSLV-C31 transportierte IRNSS 1E am 20. Januar 2016, und die PSLV-C32 IRNSS 1F am 10. März 2016. Am 28. April 2016 wurde zum letzten Mal erfolgreich ein Navigationssatellit aus Indien gestartet, die PSLV-C33 brachte IRNSS 1G ins All.
Beim Start des mit verbesserten Atomuhren ausgestatteten IRNSS 1H am 31. August 2017 verhinderte ein Materialproblem bei Gummibälgen, die pyrotechnisch aufgeblasen die Öffnung der Nutzlastverkleidung bewerkstelligen sollten, ein erfolgreiches Aussetzen des Navigationssatelliten. IRNSS 1H wurde zwar von der Oberstufe getrennt, blieb aber innerhalb der vorher nicht geöffneten Verkleidung gefangen und ist somit nutzlos. Die Kombination aus der vierten Stufe der PSLV-C39, der Nutzlastverkleidung und IRNSS 1H (COSPAR-Objekt 2017-051A, NORAD 42.928) umkreist die Erde auf einer langsam absinkenden Flugbahn. Der höchste Punkt ihrer Bahn liegt aktuell im Bereich von 4.500 Kilometern über der Erde.
Der Flug des beim Start 44,4 Meter hohen, rund 321 Tonnen schweren Projektils PSLV-C41 mit IRNSS 1I an der Spitze am 11. April 2018 begann um 22:34 Uhr Weltzeit (UTC). Zunächst verbrauchten die seitlich angebrachten Booster vom Typ PS0M-XL und die erste Stufe mit der Bezeichnung PS1 ihren festen Treibstoff. Nach deren Abtrennung und 109,6 Sekunden nach dem Start erfolgte die Zündung der zweiten, mit den flüssigen Treibstoffen UH25 (75% Unsymmetrisches Dimethylhydrazin (UDMH) + 25% Hydrazinhydrat) und N2O4 (Distickstofftetroxid) betriebenen Raketenstufe PS2. 202,4 Sekunden nach dem Abheben wurde die Nutzlastverkleidung abgeworfen.
Dann trat die dritte Stufe PS3 in Aktion, die festen Treibstoff verbrannte. Sie begann ihre Arbeit in der Flugsekunde 263,3 und wurde in der Flugsekunde 597,8 abgeworfen. In der vierten und letzten Raketenstufe PS4 alias L-2-5 wurden wieder flüssige Treibstoffe, hier MMH als Brennstoff und eine Mischung aus Stickstoffoxiden (MON-3) als Oxidator, verwendet. Nachdem diese ihre Arbeit erledigt hatte, erfolgte nach einer kurzen Freiflugphase 19 Minuten und 42 Sekunden nach dem Abheben die Abtrennung des Navigationssatelliten mit einer Startmasse von 1.425 Kilogramm (unbetankt 614 Kilogramm).
Nach dem Aussetzen von IRNSS 1I lief an Bord eine automatische, vorprogrammierte Sequenz ab, an deren Ende die erfolgreiche Entfaltung der beiden Solarzellenausleger des Satelliten stand. Die beiden zusammen maximal rund 1.670 Watt elektrischer Leistung bereitstellenden Ausleger sind an zwei gegenüberliegenden Seiten des Satellitenhauptkörpers mit den Maßen 1,58 m x 1,50 m x 1,50 m montiert. Ihre einsetzende Funktion konnte das MCF für Master Control Facility genannte Satellitenkontrollzentrum im indischen Hassan an Hand empfangener Telemetriedaten bestätigen.
IRNSS 1I gelangte auf eine Transferbahn mit einem Perigäum, dem der Erde nächstliegenden Bahnpunkt, von rund 281,5 Kilometern (geplant 284 Kilometer), und einem Apogäum, dem erdfernsten Bahnpunkt, von rund 20.730 Kilometern (geplant 20.650 Kilometer). Ihre Neigung gegen den Erdäquator betrug wie geplant rund 19,2 Grad.
Um die vorgesehene geosynchrone, laut ISRO 29 Grad gegen den Äquator geneigte annähernd kreisförmige Erdumlaufbahn (GSO) in rund 35.786 Kilometern Höhe zu erreichen, wird ein sogenanntes Apogäumstriebwerk mit 440 Newton Schub an Bord von IRNSS 1E zum Einsatz kommen. Es hat die Aufgabe, die zum Erreichen der Zielbahn nötige Brennphasen mit einer Gesamtgeschwindigkeitsdifferenz von 1.890 Metern pro Sekunde zu absolvieren. An Bord von IRNSS 1I befinden sich außerdem zwölf 22 Newton starke Triebwerke für Bahnanpassungen und Lageregelung.
IRNSS 1I ist mit seinen drei Rubidium-Uhren (RAFSs, Rubidium Atomic Frequency Standard clocks) als Ersatz für den 2013 gestarteten IRNSS 1A gedacht, dessen drei zur Erzeugung von Navigationssignalen benötigten, von SpectraTime gelieferten Atomuhren ab 2016 relativ schnell hintereinander ausgefallen waren.
Das Versagen der Uhren ist nach einer Information des indischen Parlaments wahrscheinlich auf Kurzschlüsse zurückzuführen. Um die Nutzbarkeit der bereits gestarteten, mit der Ursprungsversion der Uhren ausgestatteten Satelliten zu verlängern, lässt man im Regelbetrieb nur jeweils eine der drei redundanten Uhren pro Satellit eingeschaltet.
IRNSS 1I ist nach IRNSS 1A und IRNSS 1B der dritte Satellit des Indian Regional Navigation Satellite System (IRNSS), der auf einem rund 29 Grad gegen den Erdäquator geneigten Orbit den Äquator regelmäßig im Bereich von 55 Grad Ost kreuzen wird.
Zwei weitere Äquatorkreuzer des IRNSS befinden sich außerdem im All. IRNSS 1D kreuzt den Äquator bei 111,75 Grad Ost mit 30,5 Grad geneigter Bahn. IRNSS 1E kreuzt den Äquator bei 111,75 Grad Ost mit 29 Grad geneigter Bahn.
Zusätzlich im All befinden sich aktuell drei Satelliten auf annähernden Positionen im Geostationären Orbit (GEO). IRNSS 1C wurde im März 2016 bei 83 Grad Ost auf einer rund 3,9 Grad gegen den Erdäquator geneigten Bahn beobachtet. IRNSS 1F steht nach Angaben der ISRO vom 30. März 2016 nach der Absolvierung der üblichen Testphase bei seiner vorgesehenen Position bei 32,5 Grad Ost. IRNSS 1G ist im Bereich von 129,5 Grad Ost stationiert.
Die Kombination aus Satelliten auf deutlich inklinierten, das heißt nicht unerheblich geneigten Bahnen und solchen auf Positionen im GEO ermöglicht es, innerhalb eines Navigationssatellitensystems für Kommunikationseinheiten am Erdboden Dreipunktpeilungen zur Verfügung zu stellen, was für eine exakte Positionsbestimmung essentiell ist. Solche Peilungen wären nicht möglich, würden die Satelliten des Systems ausschließlich an Positionen im GEO stehen.
Als Auslegungsbetriebsdauer von IRNSS 1I nennt die ISRO 10 Jahre. Der Satellit ist katalogisiert mit der NORAD-Nr. 43.286 und als COSPAR-Objekt 2018-035A.
Update:
Der Apogäumsmotor von IRNSS 1I absolvierte nach Angaben der ISRO am 13. April 2018 erfolgreich eine erste Brennphase. Sie wurde um 4:19 Uhr IST begonnen. Nach ihrem Ende befand sich IRNSS 1I laut ISRO auf einer Bahn mit einem Perigäum von 315 Kilometern (geplant 322) und einem Apogäum von 35.809 Kilometern (geplant 35.887) über der Erde.
Update 2:
Am 13. April 2018 meldete die ISRO den erfolgreichen Abschluss einer zweiten Brennphase des Apogäumsmotors von IRNSS 1I. Die Brennphase wurde um 20:04 Uhr IST gestartet. Nach ihrem Ende befand sich IRNSS 1I auf einer Bahn mit einem Perigäum von 8.683 Kilometern (geplant 8.536) und einem Apogäum von 35.733 Kilometern (geplant 35.793) über der Erde.
Update 3:
Am 15. April 2018 meldete die ISRO den erfolgreichen Abschluss einer dritten Brennphase des Apogäumsmotors von IRNSS 1I. Die Brennphase wurde am 14. April 2018 um 22:50 Uhr IST gestartet. Nach ihrem Ende befand sich IRNSS 1I auf einer Bahn mit einem Perigäum von 31.426 Kilometern (geplant 31.540) und einem Apogäum von 35.739 Kilometern (geplant 35.797) über der Erde.
Update 4:
Ebenfalls am 15. April 2018 meldete die ISRO den erfolgreichen Abschluss der vierten und letzten Brennphase des Apogäumsmotors von IRNSS 1I. Die Brennphase wurde am 15. April 2018 um 21:05 Uhr IST gestartet. Nach ihrem Ende befand sich IRNSS 1I auf einer Bahn mit einem Perigäum von 35.462,9 Kilometern (geplant 35.381) und einem Apogäum von 35.737,8 Kilometern (geplant 35.793) über der Erde.
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