SLS: Erste Triebwerkstests abgeschlossen

Die US-amerikanische Luft- und Raumfahrtbehörde NASA hat die erste Testkampagne ihres RS-25 Triebwerks abgeschlossen, das in der Schwerlastträgerrakete Space Launch System eingesetzt werden soll. Die Vorbereitungen für weitere Triebwerkstests laufen unterdessen auf Hochtouren.

Ein Beitrag von Martin Knipfer. Quelle: NASA, NSF.

Eine Testzündung des Shuttle-Haupttriebwerks. (Bild: NASA)

Seit ein paar Monaten führt die US-amerikanische Luft- und Raumfahrtbehörde NASA auf dem Gelände des Stennis Space Centers im US-Bundesstaat Mississippi wieder regelmäßig Testzündungen eines RS-25 Triebwerks durch. Bei dem RS-25 handelte es sich um das leistungsfähige Haupttriebwerk des Space Shuttles. Durch die Verbrennung von flüssigem Wasserstoff (LH2) und flüssigem Sauerstoff (LOX) erzeugte es genügend Schub, um sich bei 134 Flügen in den Weltraum zu bewähren. Nach dem Ende des Space Shuttle-Programms 2011 war der Verwendungszweck der verbliebenen Triebwerke ungewiss, gab es doch zunächst kein Nachfolgeprogramm. Doch dann konnte die Agentur im September 2011 ihre neue, große Rakete vorstellen: Das Space Launch System (SLS). Diese Rakete soll dafür sorgen, dass nach langer Zeit Menschen wieder zu Zielen jenseits des niedrigen Erdorbits und schließlich zum Mars aufbrechen. Und auch das SLS setzt auf vier RS-25 Triebwerke, um ins All zu starten.

Eine Testzündung aus der Nähe. (Bild: NASA/SSC)

Zu diesem Zweck musste jedoch das RS-25 modifiziert werden. Die fast 20 Jahre alte Kontrolleinheit, quasi das Computergehirn des Triebwerks, wurde durch eine modernere Version ersetzt, die auf dem Controller des J-2X basiert, die Isolierung wurde verstärkt. Außerdem werden die Triebwerke beim Einsatz an dem SLS mit höheren Treibstoffdrücken und niedrigeren Treibstofftemperaturen konfrontiert werden. Diese Modifikationen und veränderte Einsatzbedingungen müssen vor dem Flug auf dem Boden getestet werden. Zu diesem Zweck werden Testzündungen eines RS-25 auf dem Teststand A-1 des Stennis Space Centers im US-Bundesstaat Mississippi durchgeführt. Dabei wird ein einzelnes Triebwerk die gesamte geplante Einsatzdauer lang gezündet, wobei währenddessen Daten über das Verhalten des Triebwerks gesammelt werden.

Die letzte Testzündung dieser Testreihe am 27. August. (Bild: NASA)

Inzwischen wurde die erste Reihe dieser Tests abgeschlossen. Die erste Testzündung fand am 9. Januar statt, danach stand jedoch eine Reparatur des Hochdruck-Wassersystems des Testgeländes an, das die Triebwerke während der Zündung kühlen soll. Die nächste Testzündung folgte dann Ende Mai, die nächste wurde am 11. Juni über 500 Sekunden durchgeführt. Die bisher längste Testzündung über 650 Sekunden fand am 25. Juni statt. Nach einem fünften Test am 17. Juli folgte der vorletzte Test am 13. August, bei dem auch zahlreiche Social-Media Vertreter anwesend waren. Am 27. August stieg dann das große Finale: Das letzte Mal in dieser Testreihe wurde das RS-25 535 Sekunden lang gezündet.

Das RS-25 mit der Nummer 2063 wird zusammengebaut. (Bild: NASA/SSC)

Diese Testzündungen hatten es zum Ziel, die Entwicklung der Modifikationen voranzubringen. Eingesetzt wurde das Triebwerk mit der Nummer 0525, ein Entwicklungsmuster, das noch nie in den Weltraum geflogen ist und auch nie an dem SLS fliegen wird. Als nächstes steht das sogenannte „flight-acceptance testing“ an. Die NASA verfügt mittlerweile über einen Bestand von 16 RS-25 Triebwerken, die sich zum großen Teil bei Space Shuttle-Missionen bewährt haben. Zwei Triebwerke sind jedoch noch nie ins All geflogen: 2062 und 2063. Bevor sie für das SLS eingesetzt werden können, müssen sie als Qualifikation deshalb vorher am Boden testgezündet werden. Zu diesem Zweck wird bald 0525 gegen das Triebwerk 2059 ausgetauscht, einen Veteranen, der schon fünf Flüge hinter sich hat. Dieses Triebwerk soll im November testgezündet werden, um die Messinstrumente des Teststands zu kalibrieren, weil die Leistungsdaten dieses Triebwerks schon bekannt sind. Nach der Kalibrierung wird im Februar 2016 das Triebwerk Nummer 2063 getestet, gefolgt von einer zweiten Testreihe des anderen Entwicklungsmusters neben 0525. Diese Testreihe soll insgesamt 10 Testzündungen beinhalten und die Modifikationen an dem RS-25 zertifizieren. Triebwerk 2062 soll sein flight acceptance testing dann im November 2016 absolvieren.

Der B-2 Teststand (links) wird modifiziert. Auf dem rechten Teststand wird regelmäßig das RS-68 Triebwerk der Delta IV-Rakete getestet. (Bild: NASA/SSC)

Damit aber nicht genug: Nicht nur ein einzelnes RS-25 Triebwerk soll in Stennis getestet werden, sondern auch die gesamte Hauptstufe des SLS. Diese Hauptstufe soll nicht nur vor dem Flug am Boden zu Testzwecken betankt werden, sondern auch zweimal ihre insgesamt vier RS-25 Triebwerke zünden. Für diese Tests wird ein anderer Teststand benötigt, der die Bezeichnung B-2 trägt. Dieser wird momentan modernisiert und umgebaut. Kein Bereich bleibt unberührt, von der Struktur über die Mechanik bis zur Elektrik wird der gesamte Teststand generalüberholt, der noch aus den 1960ern stammt. Ein wichtiger Schritt bei diesen Arbeiten wurde vor Kurzem abgeschlossen: Die Installation einer etwa 33 Meter hohen Stahlstruktur. Diese mehrere hundert Tonnen schwere Struktur verlängert einen bereits existierenden Stahlturm. Die Verlängerung ist notwendig, um die Höhe und das Gewicht der gewaltigen Hauptstufe zu kontrollieren und den Arbeitern Zugang zur Stufe zu gewähren. Anfang 2017 soll es dann soweit sein: Die Hauptstufe wird von der Michoud Assembly Facility nahe New Orleans, wo sie hergestellt wurde, zum Stennis Space Center transportiert. Nach den Tests wird sie dann zum Kennedy Space Center in Florida weiterbefördert, wo die Hauptstufe dann auf den Flug vorbereitet und mit dem restlichen SLS verbunden wird.

Das SLS auf der Startrampe- Illustration. (Bild: NASA/MSFC)

Das Space Launch System ist der neue Schwerlastträger der NASA. Er basiert zu großen Teilen auf dem 2011 außer Dienst gestellten Space Shuttle: So werden die Hauptstufe aus dem External Tank des Shuttles, die 5-Segmente Booster aus den SRBs und die RS-25 Triebwerke aus den SSMEs entwickelt. Es wird drei Varianten des SLS geben: Die Block I Version wird lediglich eine leicht modifizierte Version der DCSS (Delta Cyrogenic Second Stage) als Oberstufe haben. Mit ihr soll der Erstflug EM-1 erfolgen. Block IB wird über die wesentlich stärkere EUS (Exploration Upper Stage)-Oberstufe verfügen. Bei Block II handelt es sich um die stärkste Variante des SLS, seine Oberstufe wird ebenfalls die EUS sein; die Feststoffbooster werden durch verbesserte Booster ersetzt, ihr Konzept ist jedoch noch nicht festgelegt, obwohl bereits verschiedene Vorschläge zu neuen Flüssig- oder Feststoffboostern existieren. Der Erstflug des SLS ist nicht später als im November 2018 mit der Mission EM-1 (Exploration Mission 1) geplant, bei der das neue NASA-Raumschiff Orion noch unbemannt zum Mond fliegen wird. Weitere SLS-Missionen sollen bemannte Marsflüge in den 2030ern vorbereiten, jedoch hat der US-Kongress immer noch keine dieser Missionen bewilligt, obwohl er als Unterstützer des SLS gilt.

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