Pluto und Charon – Erstmals in Farbe

Nur noch 23 Tage, dann hat die Raumsonde New Horizons das Ziel ihrer Reise – den Zwergplaneten Pluto – erreicht. Bisherige Analysen zeigten, dass die Raumsonde bei der Passage des Pluto wohl nicht durch ein dort vermutetes Ringsystem gefährdet sein wird. Erstmals konnte jetzt zudem eines der Kamerasysteme der Raumsonde sowohl Pluto als auch dessen Mond Charon in Farbe abbilden.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: JHU/APL, NASA.

NASA, JHU/APL, SwRI
Diese Animation setzt sich aus Aufnahmen der LORRI-Kamera zusammen, welche zwischen dem 28. Mai und dem 3. Juni 2015 aus Entfernungen von 56 bis hin zu 48,5 Millionen Kilometern zu Pluto erstellt wurden. Deutlich sind Variationen auf der Oberfläche des Zwergplaneten erkennbar.
(Bild: NASA, JHU/APL, SwRI)

Die von der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA betriebene Raumsonde New Horizons nähert sich nach einer Flugdauer von mittlerweile mehr als neun Jahren immer weiter dem primären Ziel ihrer Reise – dem im äußeren Bereich unseres Sonnensystems beheimateten Zwergplaneten Pluto. Bereits am 15. Januar 2015 – und somit sechs Monate vor dem am 14. Juli um 13:50 MESZ in einer Entfernung von 12.500 Kilometern über dessen Oberfläche erfolgenden Vorbeiflug am Pluto – begann dabei eine systematische Beobachtungskampagne des Zwergplaneten und seiner Monde, bei der sieben verschiedene Instrumente zum Einsatz kommen. Erst vor wenigen Wochen war die LORRI-Kamera der Raumsonde in der Lage, erstmals alle fünf bisher bekannten Monde des Pluto abzubilden (Raumfahrer.net berichtete).

Kurskorrekturmanöver
Diese Aufnahmen werden unter anderem erstellt, um fortlaufend die exakte Flugbahn der Raumsonde zu bestimmen und zu ermitteln, ob zwecks der erfolgreichen Durchführung des für den 14. Juli 2015 vorgesehenen Vorbeifluges am Pluto ein weiteres Kurskorrekturmanöver notwendig ist. Auf den so gewonnenen Daten basierend wurde bereits am 14. Juni ein entsprechendes Manöver durchgeführt. Im Rahmen einer um 06:05 MESZ beginnenden und 45 Sekunden andauernden Aktivierung der Triebwerke wurde die Geschwindigkeit der Raumsonde dabei um einen Wert von 52 Zentimetern pro Sekunde verändert.

Ohne dieses Korrekturmanöver, so der „New Horizons Encounter Mission Manager“ Mark Holdridge vom Applied Physics Laboratory an der Johns Hopkins University (JHU/APL) in Laurel im US-Bundesstaat Maryland, von wo aus die Raumsonde kontrolliert und gesteuert wird, hätte New Horizons am 14. Juli den angestrebten Rendezvouspunkt mit Pluto rund 84 Sekunden früher erreicht als beabsichtigt. Um 12:23 MESZ erreichten erste Telemetriedaten das Kontrollzentrum am JHU/APL, welche Auskunft über den Zustand der Raumsonde nach dem Abschluss des Manövers gaben. Die Auswertung dieser Daten zeigte, dass das Manöver wie vorgesehen ausgeführt wurde. New Horizons befindet sich ‚auf Kurs‘ und alle Systeme und Instrumente der Raumsonde arbeiten wie vorgesehen. Abhängig von der weiteren Auswertung der aktuellen Flugbahn könnte ein weiteres Korrekturmanöver nötig sein, welches in diesem Fall am 24. Juni durchgeführt werden soll.

NASA, ESA, Mark R. Showalter (SETI Institute)
Bisher konnten die Astronomen in der Umgebung des Zwergplaneten Pluto fünf Monde entdecken ( Raumfahrer.net berichtete ).
(Bild: NASA, ESA, Mark R. Showalter (SETI Institute))

Suche nach potentiell gefährlichen Objekten
Zugleich dienen diese Aufnahmen jedoch auch der Suche nach weiteren, bisher unentdeckten Monden und der Klärung der Frage, ob dieser Zwergplanet eventuell von einem Ringsystem umgeben ist, denn nicht nur die Gasplaneten unseres Sonnensystems, sondern auch verhältnismäßig kleine planetare Objekte können offensichtlich von solchen aus Staubpartikeln und Eiskristallen bestehenden Ringen umgeben sein (Raumfahrer.net berichtete). Sollte dies auch bei Pluto der Fall sein, so könnte dies eine ernsthafte Gefahr während der Durchführung des Pluto-FlyBys darstellen. Da sich New Horizons während der Passage des Plutosystems mit einer Geschwindigkeit von etwa 14 Kilometern pro Sekunde relativ zum Pluto bewegen wird, könnte bereits die Kollision mit nur millimetergroßen Staubpartikeln zu ernsthaften Beschädigungen und Systemausfällen führen. Eine auf die eventuelle Existenz eines solchen Ringsystems im Bereich des Pluto bezogene Studie wurde zum Beispiel im Jahr 2014 von P. M. Pires dos Santos et al. veröffentlicht.

Aktuelle Untersuchungen der Astronomen Mark R. Showalter und Douglas P. Hamilton deuten jedoch darauf hin, dass der Zwergplanet aufgrund des variablen Gravitationsfeldes und der dadurch bedingten Schwerkraftverhältnisse des Pluto-Charon-Systems sehr wahrscheinlich nicht von einem Ringsystem umgeben ist. Auch die Existenz weiterer Monde wird mittlerweile für eher unwahrscheinlich gehalten. Stabile Orbits für bisher unentdeckte Monde befinden sich demzufolge lediglich jenseits des äußeren Plutomondes Hydra oder aber in der unmittelbaren Nähe des Zwergplaneten.

Die bisherige Suche nach potentiell gefährlichen Objekten in der Umgebung des Pluto verlief allerdings ergebnislos. Sollten jenseits der Bahn des Mondes Charon – des innersten und mit Abstand größten Plutomondes – trotzdem bisher unentdeckte Monde existieren, so müssten diese rund vier mal lichtschwächer ausfallen als der Mond Styx – der kleinste Begleiter des Zwergplaneten. Auch über die Eigenschaften eines eventuellen Ringsystems kann das für die Suche nach für die Raumsonde potentiell gefährlichen Objekten zuständige „New Horizons Hazard Detection Team“ Aussagen tätigen.

Dieses Ringsystem müsste demzufolge über eine geringe Ausdehnung und Materialdichte verfügen und würde weniger als den fünfmillionsten Teil des einfallenden Sonnenlichts reflektieren. Ansonsten wäre die LORRI-Kamera bereits in der Lage gewesen, diese Ringe abzubilden. Am 15. Juni begann eine weitere Suchkampagne nach bisher unentdeckten Objekten. Die Resultate dieser Kampagne sollen nach dem Abschluss der Auswertungen der dabei gewonnenen und noch höher aufgelösten LORRI-Daten voraussichtlich am 25. Juni vorgestellt werden.

NASA, JHU/APL, SwRI
Diese Animation zeigt die Bewegung von Pluto und Charon um ihr gemeinsames Baryzentrum , welches hier durch ein „x“ markiert ist.
(Bild: NASA, JHU/APL, SwRI)

Eine erste Farbanimation
In der Zwischenzeit nähert sich New Horizons ihrem Ziel immer weiter an, so dass neben der LORRI-Kamera inzwischen auch das Kamerasystem RALPH zum Einsatz gebracht werden kann. Neben der Kartierung der Oberflächen von Pluto und Charon mit einer Auflösung von bis zu maximal 250 Metern pro Pixel kann dieses Kamerasystem auch dazu genutzt werden, um Farbaufnahmen anzufertigen. Zu diesem Zweck verfügt das Instrument über ein Sechs-Zentimeter-Teleskop, welches das Licht ‚einfängt‘ und anschließend zu zwei getrennten Subsystemen weiterleitet. Für die Anfertigung der Farbbilder ist die „Multispectral Visible Imaging Camera“ (kurz „MVIC“) zuständig, welche im sichtbaren und im nahinfraroten Lichtbereich bei 400 bis 975 Nanometern arbeitet. Eine ausführlichere Beschreibung der Ralph-Kamera finden Sie hier in englischer Sprache.

Aus neun Aufnahmen der RALPH-Kamera, welche zwischen dem 29. Mai und dem 3. Juni 2015 unter der Verwendung von „Blau“-, „Rot“- und „Nah-Infrarot“-Filtern erstellt wurden, hat das New Horizons-Team jetzt eine kurze Video-Sequenz erstellt, auf der auch erstmals in Farbe zu erkennen ist, wie der rund 2.310 Kilometer durchmessende Zwergplanet Pluto zusammen mit seinem größten Begleiter, dem etwa 1.212 Kilometer großen Mond Charon, ein gemeinsames Massezentrum umkreisen. Die Aufnahmen zeigen die beiden Objekte fast in Echtfarben, verfügen jedoch aufgrund der geringen Auflösung über eine extrem pixelige Form.

Dies soll sich jedoch in den kommenden Wochen ändern. „Die Farbaufnahmen werden in Zukunft noch viel besser werden und die Oberflächen von Pluto und Charon bis in den Kilometerbereich hinein auflösen“, so Cathy Olkin vom Southwest Research Institute (SwRI) in Boulder im US-Bundesstaat Colorado, die stellvertretende Projektwissenschaftlerin der Mission. „Diese Daten werden uns dabei helfen, die Natur der Oberflächen und die dort ablaufenden Prozesse zu entschlüsseln.“

„Es ist aufregend Pluto und Charon in Bewegung und zudem erstmals in Farbe zu sehen“, so Dr. Alan Stern vom SwRI, der für die New Horizons-Mission verantwortliche wissenschaftliche Projektleiter. „Selbst bei dieser geringen Auflösung können wir erkennen, dass beide Objekte unterschiedlich gefärbt sind. Pluto erscheint beige-orange während sich Charon in einem grauen Farbton präsentiert. Die möglichen Ursachen für diesen Unterschied werden derzeit von uns diskutiert.“

NASA, JHU/APL, SwRI
Für eine vollständige Drehung um seine Rotationsachse benötigt der Zwergplanet Pluto einen Zeitraum von sechs Tagen, neun Stunden, 17 Minuten und 34 Sekunden. Diese vier Einzelaufnahmen der LORRI-Kamera, welche in einem Zeitraum von fünf Tagen erstellt wurden, zeigen somit weite Bereiche der Plutooberfläche. Deutlich sind helle und dunkle Bereiche erkennbar.
(Bild: NASA, JHU/APL, SwRI)

Aber auch die Aufnahmen der LORRI-Kamera von New Horizons enthüllen mittlerweile immer mehr Details von der Plutooberfläche. Die nebenstehend gezeigten Fotos wurden zwischen dem 29. Mai und dem 2. Juni 2015 aus Abständen zwischen rund 55 bis hin zu etwa 50 Millionen Kilometern angefertigt. Auf der gesamten dabei abgebildeten Oberfläche des Zwergplaneten lassen sich helle und dunkle Regionen erkennen. Speziell auf der nördlichen Pluto-Hemisphäre – hier im unteren Bereich der Aufnahmen erkennbar – scheint ein ausgedehntes dunkles Gebiet zu existieren. Die scheinbare ‚Deformation‘ des Pluto ist durch die Bildbearbeitung bedingt. In Wirklichkeit verfügt der Zwergplanet sehr wohl über eine kugelförmige Gestalt.

Zeitnahe Freigabe der LORRI-Aufnahmen
Die bisher von der LORRI-Kamera angefertigten Aufnahmen finden Sie auch auf dieser Internetseite des JHU/APL. Die dort veröffentlichten Aufnahmen sind allerdings nicht nachträglich bearbeitet oder kalibriert und zeigen somit lediglich die Originalaufnahmen, welche dabei zudem nur in dem verlustbehafteten JPEG-Format dargestellt werden. Allerdings werden hier neben allgemeinen Informationen zu der Entfernung zu dem abgebildeten Zielobjekt, dem Aufnahmezeitpunkt und der Belichtungszeit auch kurze Beschreibungen zu dem jeweiligen Foto veröffentlicht. Auch weiterhin sollen auf dieser Internetseite die zukünftig anzufertigenden Aufnahmen der LORRI-Kamera der interessierten Öffentlichkeit innerhalb von lediglich maximal 48 Stunden zur Verfügung gestellt werden.

Derzeit ist die Raumsonde New Horizons noch etwa 26,9 Millionen Kilometer von ihrem Ziel entfernt und nähert sich dem für den 14. Juli 2015 angepeilten ‚Treffpunkt‘ mit Pluto dabei gegenwärtig mit einer Geschwindigkeit von 13,78 Kilometern pro Sekunde an. Die Distanz der Raumsonde zu unserem Heimatplaneten beträgt dagegen zur Zeit etwa 4.747 Millionen Kilometer. Funksignale, welche zwischen New Horizons und der Erde ausgetauscht werden, benötigen für die Überbrückung dieser Distanz eine Signallaufzeit von etwa 4,4 Stunden. Stündlich aktualisierte Angaben dieser Entfernungs- und Geschwindigkeitswerte finden Sie auf dieser Internetseite des JHU/APL.

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