Bei einem der Instrumente, mit denen die Raumsonde Rosetta gegenwärtig den Kometen 67P/Tschurjumow-Gerasimenko untersucht, handelt es sich um das abbildende UV-Spektrometer ALICE. Erste Ergebnisse der damit verbundenen Messungen wurden am heutigen Tag auf dem European Planetary Science Congess, einer gegenwärtig in Portugal stattfindenden Fachtagung der Planetenforscher, vorgestellt.
Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: EPSC 2014, JPL, ESA.
Nach einem mehr als zehn Jahre andauernden Flug durch unser Sonnensystem erreichte die von der europäischen Weltraumagentur ESA betriebene Raumsonde Rosetta am 6. August 2014 das finale Ziel ihrer Reise – den Kometen 67P/Tschurjumow-Gerasimenko (der Einfachheit halber ab hier als „67P“ abgekürzt). Seitdem ‚begleitet‘ Rosetta diesen Kometen auf seinem Weg in das innere Sonnensystem und untersucht dieses Relikt aus der Entstehungsphase unseres Sonnensystems intensiv mit elf wissenschaftlichen Instrumenten.
Bei einem dieser Instrumente handelt es sich um das abbildende UV-Spektrometer ALICE, dessen Aufgabe darin besteht, die Zusammensetzung des Kerns und der Koma von 67P sowie den wissenschaftlichen Zusammenhang zwischen diesen beiden Bestandteilen eines Kometen zu ermitteln. Hierzu führt das Instrument Messungen im Bereich des fernen und des extremen ultravioletten Strahlungsbereiches bei 205 beziehungsweise bei 70 nm durch.
Dabei soll ALICE sowohl in der Koma als auch im Schweif von 67P gezielt nach den Edelgasen Helium, Neon, Argon, Krypton und Xenon suchen. Die Bestimmung der relativen Häufigkeiten dieser Gase ermöglichen den Wissenschaftlern Rückschlüsse auf die Umgebungstemperatur, welche zum Zeitpunkt der Entstehung des Kometen vor etwa 4,6 Milliarden Jahren geherrscht hat. Gleichzeitig ist es auf diese Weise möglich, mehr über die weitere thermische Entwicklung des Kometen in Erfahrung zu bringen.
Das Instrument soll im Rahmen seiner Messungen zudem die – zeitlich und räumlich variierenden – Freisetzungsraten von Wasser, Kohlenstoffmonoxid und Kohlenstoffdioxid ermitteln und die Verteilung von Gas- und Staubpartikeln in der Koma und im Schweif bestimmen. Außerdem sucht das Instrument gezielt nach atomaren oder ionisierten Wasserstoff, Kohlenstoff, Stickstoff, Schwefel und Sauerstoff. Aus diesen Daten können Informationen über die chemische und mineralogische Zusammensetzung des Kometenkerns abgeleitet werden. Des weiteren kann ALICE genutzt werden, um die Oberfläche des Kometen im ultravioletten Spektralbereich abzubilden.
Die Oberfläche des Kometen: Schwärzer als Holzkohle…
ALICE nahm nach dem Abschluss einer ausführlichen Kalibrierungsphase den wissenschaftlichen Betrieb zeitgleich mit der Ankunft der Raumsonde Rosetta bei ihrem Zielkometen auf. Im fernen UV-Bereich – so das Ergebnis der ersten Messungen – erscheint die Oberfläche von 67P ungewöhnlich dunkel und ist „schwärzer als Holzkohle“.
…und frei von Eis
Ebenfalls auffallend an der Kometenoberfläche ist, dass dort bisher – entgegen den eigentlichen Erwartungen der Kometenforscher – keine größeren zusammenhängenden Ablagerungen von Wassereis mit Durchmesser von mehr als 20 Metern entdeckt werden konnten. Eigentlich, so die Wissenschaftler, befindet sich 67P gegenwärtig noch zu weit von der Sonne entfernt, als dass das einfallende Sonnenlicht genügend Energie freisetzen kann, um auf der Oberfläche abgelagertes Eis komplett zu verdunsten.
Der durch diese dunklen Ablagerungen bedingte geringe Albedo-Wert von 67P, so eine mögliche Erklärung für das Fehlen von Oberflächeneis, führt dazu, dass ein Großteil der von der Sonne empfangenen Wärmestrahlung gespeichert wird, was wiederum zu einer relativ hohen Oberflächentemperatur führt. Die ALICE-Abbildungen der Kometenoberfläche bestätigen somit das Resultat einer ersten Temperaturmessung, welche bereits im Juli 2014 erfolgten (Raumfahrer.net berichtete).
Zudem konnte das ALICE in der sich mittlerweile gebildeten Koma des Kometen bereits eindeutige Signaturen von Wasserstoff und Sauerstoff nachweisen. Hierbei, so die Wissenschaftler, handelt es sich um die ‚Zerfallsprodukte‘ des Wasserdampfes, welcher in zunehmenden Umfang von der Kometenoberfläche ausgast und anschließend von der Ultraviolettstrahlung der Sonne in seine einzelnen atomaren Bestandteile aufgespalten wird.
Die an der Rosetta-Mission beteiligten Wissenschaftler wollen mit ALICE auch weiterhin nach Anzeichen für Wassereis und anderen flüchtigen Substanzen auf der Oberfläche des Kometen Ausschau halten und dort nach farblichen, chemischen und mineralogischen Variationen suchen, während sich die Raumsonde dem Kern von 67P noch weiter annähert und diesen dabei mit den abbildenden Instrumenten kartiert.
Die hier kurz angerissenen Forschungsergebnisse wurden am heutigen Tag auf dem European Planetary Science Congress, einer gegenwärtig in der Nähe von Lissabon stattfindenden Fachtagung der Planetenforscher, vorgestellt.
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