Marsrover Curiosity: Neue Erkenntnisse der Mission

Der Rover Curiosity landete am 6. August 2012 auf dem Mars und untersucht seitdem die Umgebung seines Landegebietes. Auf der gegenwärtig in San Francisco stattfindenden Herbsttagung der American Geophysical Union wurden am gestrigen Tag weitere Ergebnisse dieser Mission vorgestellt. Unter anderem wurde dabei bestätigt, dass auf dem Mars einstmals Bedingungen herrschten, welche die Entstehung von Leben prinzipiell begünstigten.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: JPL, PLanetary Society.

NASA, JPL-Caltech, Malin Space Science Systems
Die am 19. Mai 2013 angebohrte Formation „Cumberland“ vor und nach dieser Bohrung. Beide Aufnahmen wurden mit der MAHLI-Kamera erstellt.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, Malin Space Science Systems)

Bereits seit dem August 2012 untersucht der von der US-amerikanischen Weltraumbehörde betriebene Rover Curiosity mit insgesamt zehn wissenschaftlichen Instrumenten die Umgebung seines Landegebietes auf dem Mars. Neben der Untersuchung der im Gale-Krater, dem Landegebiet des Rovers, vorherrschenden geologischen und geochemischen Bedingungen besteht ein weiteres der wissenschaftlichen Ziele der Mission in der Klärung der Frage, ob in dieser Region des Mars einstmals Bedingungen geherrscht haben, welche die Entstehung von einfachen Lebensformen begünstigt haben könnten. Am gestrigen Tag wurden auf der gegenwärtig in San Francisco/Kalifornien stattfindenden Herbsttagung der American Geophysical Union (AGU) mehrere neue Erkenntnisse präsentiert.

Das Alter von Cumberland
Bei einem dieser Ergebnisse handelt es sich um eine relativ genaue Altersbestimmung einer mit dem Namen „Cumberland“ belegten Oberflächenformation. Bei Cumberland handelt es sich um die zweite Gesteinsformation, welche mit dem Bohrer des Rovers angebohrt wurde. Das dabei gewonnene Probenmaterial wurde anschließend mit mehreren Instrumenten ausführlich analysiert (Raumfahrer.net berichtete). Die an der Mission beteiligten Wissenschaftler kamen letztendlich zu dem Ergebnis, dass diese Formation über ein Alter von 3,86 bis 4,56 Milliarden Jahren verfügt, was in einem sehr guten Einklang zu dem zuvor geschätzten Alter des Gale-Kraters steht. Die Oberfläche der gesamten Region dürfte über ein Alter von 4,2 Milliarden Jahren +/- 400 Millionen Jahren verfügen und somit zu den ältesten derzeit noch erhaltenen Bereichen der ursprünglichen Marsoberfläche gehören. Frühere Analysen führten zu einem Alter vor etwa 3,6 bis 4,1 Milliarden Jahren.

„Das Alter an sich ist nicht überraschend“, so Kenneth Farley vom California Institute of Technology, einer der an diesen Untersuchungen beteiligten Wissenschaftler. „Überraschend ist jedoch, dass die Methode, mit der wir dieses Alter ermittelt haben, auf dem Mars erfolgreich war.“

Für die Altersbestimmung der Formation Cumberland wandten die Wissenschaftler ein radiometrisches Verfahren an, mit dem bereits seit 60 Jahren das Alter von irdischen Gesteinen auf Grundlage des Zerfalls eines bestimmten Kalium-Isotops zu Argon ermittelt wird. Dieses Edelgas bildet sich, wenn Gestein extrem hohen Temperaturen ausgesetzt und dabei verflüssigt wird. Nach dem erneuten „Erstarren“ des Gesteins sammelt sich das Argon in dessen Inneren an. Durch die Bestimmung der Menge des in einem Gestein enthaltenen Argons kann dann dessen Alter bestimmt werden.

Es war das erste Mal, dass diese bisher nur auf der Erde zum Einsatz gekommene „direkte“ Untersuchungsmethode auf dem Mars angewendet wurde. In der Vergangenheit wurde für die Altersbestimmung von Oberflächenstrukturen auf dem Mars, aber auch auf anderen terrestrischen Himmelskörpern innerhalb unseres Sonnensystems, die indirekte und zudem nur relativ ungenaue Methode des Crater counting genutzt.

Hierzu wird zuerst die Anzahl und Größe von Impaktkratern in einer bestimmten Region ermittelt. Diese „Kraterdichte“ wird anschließend mit entsprechenden Werten verglichen, welche den Wissenschaftlern vom Mond der Erde bekannt sind. Das Alter der dortigen Oberfläche ist relativ gut bekannt, da durch bemannte und unbemannte Missionen diverse Gesteinsproben von der Mondoberfläche zur Erde gelangt sind, wo deren Alter anschließend durch entsprechende Laboranalysen ermittelt werden konnte.

NASA, JPL-Caltech
Durch die jetzt erstmals auch auf dem Mars angewandte Kalium-Argon-Methode konnte das Alter des Gale-Kraters eingegrenzt werden.
(Bild: NASA, JPL-Caltech)

Der hinter dem Crater counting stehende Grundgedanke ist relativ einfach: Je mehr Krater sich in einer bestimmten Region konzentrieren, desto älter sollte dieser Oberflächenbereich sein. Tatsächlich weist die „Crater counting“-Methode allerdings eine Vielzahl von potentiellen Fehlerquellen auf. So muss bei der Zählung exakt zwischen Primärkratern und sogenannten Sekundärkratern unterschieden werden, welche erst durch das bei einem Impakt in die Höhe geschleuderte und anschließend wieder nieder gegangene Auswurfmaterial entstanden. Außerdem dürfen hierbei die Impaktkrater nicht mit vulkanischen Calderen verwechselt werden.

Speziell auf dem Mars muss zudem berücksichtigt werden, dass verschiedene erosive Prozesse besonders die kleineren Krater in geologischen Zeiträumen betrachtet relativ schnell „verwischen“. Bei der Altersbestimmung von geologischen Strukturen auf dem Mars, welche auf diese Weise zudem nur in großflächigen Bereichen Erfolg verspricht, ergibt sich auf diese Weise ein Unsicherheitsfaktor von mehreren hundert Millionen Jahren. Bei Oberflächenformationen, welche jünger als etwa drei Milliarden Jahren sind, kann dieser Unsicherheitsfaktor bis zu 30 Prozent betragen.

Durch zukünftige Messungen des Argon-Anteils in Gesteinen ergibt sich eventuell die Möglichkeit, auch das Alter von kleinflächigen Oberflächenstrukturen deutlich genauer als bisher möglich zu bestimmen. Dies wäre ganz besonders dann der Fall, wenn Bodenproben vom Mars im Rahmen einer Sample Return-Mission zur Erde gebracht und in irdischen Labors näher untersucht werden würden. Auf diese Weise würden sich Referenzwerte für den Argonanteil in einer speziellen Probe mit einem genau bekannten Alter ergeben, durch die Rückschlüsse auf andere, diesmal ausschließlich auf dem Mars zu untersuchende Proben gezogen werden können.

NASA, JPL-Caltech
Die bei Cumberland entnommenen Bodenproben wurden mit mehreren Instrumenten eingehend analysiert. Hier zu sehen sind Daten des SAM-Instruments .
(Bild: NASA, JPL-Caltech)

Cumberland an der Oberfläche
Durch weitere Analysen konnten die beteiligten Wissenschaftler zudem ermitteln, wie lange sich die Gesteinsformation Cumberland bereits auf beziehungsweise unmittelbar unter der Marsoberfläche befindet. Neben anderen Einflüssen, welche ihre Quelle direkt auf dem Mars haben, führt auch die aus dem Weltall einfallende kosmische Strahlung dazu, dass direkt auf der Marsoberfläche abgelagerte Gesteine im Laufe der Jahrmillionen erodieren. Bei diesem Prozess werden einzelne Moleküle aus der Formation herausgelöst, welche sich anschließend teilweise auf deren Oberfläche ablagern. Durch die Untersuchung des „Erosionsgrades“ von Cumberland gelangten die Marsforscher zu dem Ergebnis, dass Cumberland erst seit etwa 60 bis 100 Millionen Jahren solchen auf die Oberfläche einwirkenden erosiven Einflüssen direkt ausgesetzt sein kann. Ursprünglich relativ dicke Materialschichten, welche Cumberland nach dessen Entstehung zunächst bedeckten, so die Schlussfolgerung der Wissenschaftler, wurden demzufolge speziell während der letzten 100 Millionen Jahre durch weitere erosive Prozesse – am wahrscheinlichsten ist hierbei Winderosion – abgetragen.

Organisches Material
Der Nachweis von Gesteinsformationen, welche erst seit relativ kurzer Zeit den harschen Umweltbedingungen auf der Marsoberfläche ausgesetzt sind, ist eine wichtige Entdeckung, die auch eine direkte Auswirkung auf die Suche nach den sogenannten „Grundbausteinen des Lebens“ auf dem Mars hat. Die Suche nach solchen komplexen, kohlenstoffhaltigen Verbindungen gilt als das erklärte Hauptziel der Curiosity-Mission. Sollten im Rahmen der Mission solche organische Verbindungen nachgewiesen werden, so könnten diese eventuell biologischen Ursprungs sein. Als eine andere Quelle kommen jedoch zum Beispiel auch eine bestimmte Meteoritenart, die sogenannten Kohligen Chondrite, oder Kometenkerne in Frage, welche solche organischen Verbindungen eigentlich regelmäßig auf die Oberfläche des Mars transportieren sollten.

Mit den bisher auf der Marsoberfläche aktiven Rovern und Landern konnten in der Vergangenheit noch keine derartigen Verbindungen nachgewiesen werden. Allerdings werden entsprechende chemische Verbindungen durch die auf der Marsoberfläche herrschenden Umweltbedingungen sehr wahrscheinlich auch relativ schnell zerstört. Erst ab einer Tiefe von etwa zwei Metern unter der Oberfläche wird die kosmische Strahlung so weit abgeschirmt, dass entsprechende Verbindungen nicht zersetzt werden. Trotzdem können die an der Curiosity-Mission beteiligten Wissenschaftler mittlerweile auch in dieser Richtung gewisse Erfolge vermelden.

NASA, JPL-Caltech, Malin Space Science Systems
Durch die bisherigen Untersuchungen konnten mehrere Regionen identifiziert werden, welche offensichtlich in der Vergangenheit über längere Zeiträume hinweg mit Wasser in Kontakt standen. Dabei ergaben sich auch Umweltbedingungen, welche prinzipiell die Entstehung von einfachen Lebensformen begünstigt haben könnten.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, Malin Space Science Systems)

„Wir haben organische Verbindungen entdeckt“, so Doug Ming vom Johnson Space Center der NASA in Houston/USA. „Allerdings können wir nicht ausschließen, dass diese von der Erde ‚eingeschleppt‘ wurden.“

Jedoch, so die beteiligten Wissenschaftler, würde es deutliche Hinweise dafür geben, dass diese ebenfalls in den Cumberland-Proben gefundenen organischen Verbindungen tatsächlich vom Mars stammen. In den entsprechenden Proben wurden demzufolge deutlich größere Mengen an entsprechendem Material entdeckt als bei Analysen mit anderen Bodenproben oder mit einer Leerprobe. Speziell letztere Untersuchung hätte von der Erde stammendes organisches Material deutlich nachweisen müssen. Zur Klärung dieser Frage sind letztendlich allerdings weitere Analysen notwendig.

Der Gale-Krater – Früher geeignet für Leben
Ein weiteres Ziel der Mission besteht in der Klärung der Frage, ob in der Region des Gale-Kraters einstmals Bedingungen herrschten, welche die Entstehung von einfachen Lebensformen begünstigt haben könnten. Diese Frage wurde bereits im März 2013 positiv beantwortet (Raumfahrer.net berichtete). Die Auswertung der Daten des Rovers ergab jetzt, dass diese Periode länger anhielt und zudem kürzer zurückliegt, nämlich weniger als vier Milliarden Jahre, als ursprünglich vermutet.

„Diese lebensfreundlichen Umweltbedingungen existierten später als viele für möglich gehalten hätten“, so John Grotzinger, der für die Mission verantwortliche Projektwissenschaftler vom California Institute of Technology. „Und diese Entdeckung hat Auswirkungen für die Untersuchung des gesamten Planeten.“

Laut diesen neuen Ergebnissen hat es auf dem Mars noch in einer Zeit lebensfreundliche Bedingungen gegeben, in der auch viele Spuren von Oberflächenwasser entstanden sein müssen und die an den unterschiedlichsten Stellen entdeckt wurden. Diese Bereiche der Marsoberfläche wurden aber bislang als zu jung oder zu kurzlebig eingestuft, um sie bei der Suche nach lebensfreundlichen Regionen auf dem Mars zu berücksichtigen.

In der von Curiosity untersuchten Region Yellowknife Bay könnten über mehrere Millionen Jahre hinweg, vielleicht sogar für einige zehn Millionen Jahre, lebensfreundliche Bedingungen vorgeherrscht haben. Die Wissenschaftler leiten aus den bisher gesammelten Daten ab, dass sich in dem bisher untersuchten Bereich des Gale-Kraters immer wieder Flüsse und Seen gebildet haben, welche dann für einen gewissen Zeitraum wieder ausgetrocknet sind. Der Untergrund des Kraters war dabei allerdings auch während der Trockenperioden durchgehend „feucht“. Hierfür, so die Marsforscher spricht zumindest die Zusammensetzung von bestimmten Gesteinsschichten, welche im Bereich Yellowknife Bay analysiert wurden.

NASA, JPL-Caltech, Malin Space Science Systems
Die Auswertung der bisher gesammelten Daten des Rovers Curiosity legt nahe, dass sich im Inneren des Gale-Kraters vor mehreren Milliarden Jahren ein See befand. Das darin enthaltene Wasser war lange genug präsent, um Tonminerale zu erzeugen und ergoss sich vom nördlichen Rand des Gale-Kraters in dessen inneren Bereich.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, Malin Space Science Systems)

Ein früherer See im Gale-Krater?
Aus den Messdaten des Rovers leiten die Wissenschaftler zudem ab, dass im Inneren des Gale-Kraters vor mehr als 3,6 Milliarden Jahren einen urzeitlicher See existierte, welcher sich zu dieser Zeit eventuell bildenden mikroorganischen Lebensformen lebensfreundliche Bedingungen geboten haben könnte. Das in diesem See enthaltene Wasser war anscheinend lange genug präsent, um die auf der Marsoberfläche abgelagerten Gesteine chemisch zu verändern.

Gegenwärtig befindet sich der Rover Curiosity auf dem Weg zu der Basis des im Inneren des Gale-Kraters gelegenen Zentralberges Aeolis Mons. Nach der für den August 2014 vorgesehenen Ankunft an dem angepeilten Ankunftsort soll der Rover mit der schrittweise erfolgenden „Besteigung“ dieses Berges beginnen und dabei speziell die dort befindlichen geschichteten Gesteinsablagerungen erkunden. Durch deren Untersuchung wollen die an der Mission beteiligten Wissenschaftler weitere Details der Entwicklungsgeschichte unseres Nachbarplaneten enthüllen.

Bis zum heutigen Tag, dem „Sol“ 479 seiner Mission, hat der Marsrover Curiosity eine Distanz von mehr als 4.500 Metern auf der Oberfläche unseres Nachbarplaneten zurückgelegt. Seit dem Erreichen unseres Nachbarplaneten haben die Kamerasysteme von Curiosity 105.220 Bilder aufgenommen und an das Roverkontrollzentrum des Jet Propulsion Laboratory (JPL) in Pasadena/Kalifornien übermittelt. Diese Aufnahmen sind für die interessierte Öffentlichkeit auf einer speziellen Internetseite des JPL einsehbar.

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