Die Mission der ISS-Expedition 25
Autor: Ralf Möllenbeck.
Mit der Abreise von Sojus-TMA 18 am 25. September 2010 begann für die drei verbliebenen Raumfahrer Kommandant Doug Wheelock, Fjodor Jurtschichin und Shannon Walker die erste von zwei Wochen als Drei-Personen-Mannschaft. Zu dritt führten sie die täglichen Routine- und Wartungsarbeiten aus, um die Station in einem guten Zustand zu halten. Hauptaugenmerk wurde auf den Umbau des Wasseraufbereitungssystems (WRS) und die Wartung des Laufbandes T2/COLBERT im Tranquility-Knotenmodul gelegt. Es wurden etliche Experimente durch- und weitergeführt.
Nach dem am 8. Oktober 2010 erfolgtem Sojus-Start und dem zwei Tage und 50 Minuten dauerndem Flug, konnte der feste Kontakt mit der ISS am 10. Oktober 2010 um 2:06 Uhr MESZ mit dem Schließen der Andockklammern zwischen den Raumfahrzeugen vollzogen werden. Die Dichtigkeitsprüfung an dem Kopplungsstutzen verlief erfolgreich und so wurden gegen 05:09 Uhr MESZ die Luken geöffnet. Herzlich begrüßt schwebten die drei Neuankömmlinge in die Raumstation und erhielten im Anschluss sofort die vorgeschriebene Sicherheitsunterweisung durch Stationskommandant Doug Wheelock. Damit ist die Langzeitbesatzung 25 vollständig und nahm ihre gemeinsame Arbeit auf.
Die Raumstation ist der Unabhängigkeit von der Ressource Wasser ein Stück näher gekommen. Es wurde eine Wassererzeugungsstation im Tranquility-Modul eingebaut und erfolgreich in Betrieb genommen. Dieses Sabatier-Device genannte Gerät, nach dem Nobelpreisträger von 1912 Paul Sabatier, ist ein neues System und wurde noch nie im All getestet.
Es nutzt das Kohlendioxid der Kohlendioxidfilteranlage und den Wasserstoff der Sauerstofferzeugungsanlage um daraus Wasser und Methan zu erzeugen. Während das Wasser im Wasserwiederaufbereitungssystem (WRS) der Weiterverwendung zugeführt wird, kann das Methan kontrolliert ins All abgelassen werden. Alle vier Systeme, Sauerstofferzeugung, Wasserwiederaufbereitung, Kohlendioxidfilter und der neue Sabatier-Reaktor, befinden sich im Tranquility-Modul und machen es damit zum zentralen Element der amerikanischen Selbstversorgung. Ziel ist es zukünftig 2000 Liter Wasser pro Jahr zu erzeugen.
Der für Laborzwecke geeignete Gefrierschrank MELFI2 (Minus Eighty Laboratory Freezer) im Labormodul Destiny wurde umgesetzt. Er wurde von seiner jetzigen Position S2 nach S1 verschoben und erneut an den Kühlkreislauf angeschlossen. Nötig wurde dies, da im Wochenverlauf die Handschuhbox MSG (Microgravity Science Glovebox) aus dem Labormodul Columbus nach Destiny gebracht und an der Position S2 eingebaut wurde. Dieser Umbau schaffte in Columbus den nötigen Platz, um dort das europäische Trainingssystem zur Eindämmung von Muskelschwund MARES zu installieren. MARES wurde bei STS-131, mit dem Space-Shuttle Discovery, im April 2010 zur ISS transportiert.
Am 25. Oktober 2010 verließ das russische Transportraumschiff Progress-M 05M nach fast sechsmonatiger Kopplungsdauer die internationale Raumstation. Die Besatzung der ISS hatte die Woche zuvor Müll, etliche nicht mehr benötigte Gegenstände und Flüssigkeiten in dem Frachter verstaut. Nach drei Wochen Flugdauer und einigen geophysikalischen Experimenten in sicherer Entfernung von der Station, ist Progress-M 05M am 15. November in der Erdatmosphäre verglüht.
Die mittlere Umlaufbahn der ISS wurde am 26. Oktober 2010 außerplanmäßig angehoben. Grund dafür war ein Trümmerteil des Satelliten UARS mit der Bezeichnung #81621. Dabei wurden die acht Manövriertriebwerke von Progress M-07M eingesetzt, um die ISS um 0,7 km auf eine durchschnittliche Umlaufbahn von 353,6 km anzuheben. Die Geschwindigkeit erhöhte sich durch das dreiminütige DAM (Debris Avoidance Maneuver) genannte Manöver um 0,4 m/s und brachte die ISS aus dem Bereich einer, wenn auch unwahrscheinlichen, Kollision. Nach diesem Ausweichmanöver, passierte das Trümmerteil die Bahn der ISS in 1,5 Kilometern Entfernung.
Am 30. Oktober 2010 erreichte das nächste Versorgungsraumschiff, Progress-M 08M, die Internationale Raumstation. Da es bei der automatischen Annäherung 200 Meter vor der Station zu Abweichungen in der Ausrichtung des Schiffes kam, entschied sich die russische Bodenstation zu einer manuellen Ankopplung. Der russische Flugingenieur Alexander Kaleri, unterstützt von Oleg Skripotschka, nutzten dafür das TORU-Andockkontrollsystem im Swesda-Modul und der Frachter legte am Kopplungs- und Ausstiegsmodul Pirs an. Progress-M 08M, in der ISS-Versorgung auch 40P genannt, hatte mehr als 2,5 Tonnen Fracht geladen. Diese setzte sich zusammen aus 1.130 Kilogramm Trockenfracht (Ersatzteile, Lebensmittel, Ausrüstungsteile), 870 Kilogramm Treibstoff für die ISS, 250 Kilogramm eigener Treibstoff für Bahnanhebungen der ISS, 272 Kilogramm Wasser und 50 Kilogramm Sauerstoff. Mit an Bord waren ebenfalls Komponenten für das Molnija-Gamma-Experiment, ein Coulomb-Crystal-Experiment und Bauteile einer Sendeanlage zur Übermittlung von Hochgeschwindigkeitsdaten. Neben den normalen Essensrationen sind frisches Obst und Gemüse wie Zitronen, Äpfel, Zwiebeln, Tomaten und ein Kilogramm Knoblauch an Bord des Frachters. Die Kopplungsdauer an der Station beträgt fast drei Monate.
Am 2. November 2010 war das zehnjährige Jubiläum der ständigen Besetzung des menschlichen Außenposten im All. Genau vor zehn Jahren ging die erste Langzeitbesatzung mit den Raumfahrern Sergei Krikaljow, William Shepherd und Juri Gidsenko an Bord der damals noch recht kleinen Raumstation. Seitdem wuchs die Station auf eine beachtliche Größe von mehr als 400 Tonnen bei einer Länge von fast 110 Metern und einer Breite von knapp 75 Metern an. An die 200 Raumfahrer vielfältiger Nationalitäten, darunter auch etliche Frauen, lebten, forschten und arbeiteten in dieser Zeit auf der ISS. Der von der Raumstation MIR aufgestellte Rekord mit 3644 Tagen ständiger menschlichen Präsenz im All wurde im Oktober 2010 durch die dauerhafte Besetzung der ISS gebrochen. An diesem Jahrestag gab es eine Live-Schaltung zur ISS und NASA-Administrator Charles Bolden sprach mit der sechsköpfigen Besatzung. Auch die russische Weltraumagentur Roskosmos würdigte den feierlichen Tag, neben den anderen internationalen Partnern, mit einigen Sonderbeiträgen in Text und Film.
In der ersten Novemberwoche verfolgte die Besatzung der ISS mit Spannung die Startkampagne der Discovery für STS 133. Leider wurde diese am 05. November 2010 durch ein Leck an einer Leitung zur Entlüftung von Wasserstoff und einem Riss in der Schaumstoffisolierung des externen Tanks unterbrochen und für mindestens drei Wochen gestoppt. Einen Teil ihrer Zeit widmeten die amerikanischen Besatzungsmitglieder den Arbeiten für die bis dahin noch geplante Ankunft der Discovery. Kommandant Doug Wheelock und Scott Kelly arbeiteten an den Raumanzügen, welche die Discovery-Astronauten Tim Kopra und Alvin Drew bei ihren Außeneinsätzen tragen sollten. Es wurden Batterien geladen und die Isolierung an einem Anzug repariert. Bei den vorhergegangenen amerikanischen Ausstiegen 15, 16 und 17 gab es in den ISS-Raumanzügen unerwünschte Luftgeräusche, wenn Sauerstoff strömte. Shannon Walker nahm sich dieses Problems an. In Cupola wurde das Equipment für die Robotic-Aktivitäten des Stationsarms vorbereitet und Oleg Skripotschka transportierte Gegenstände nach Progress-M 07M, welche im vorderen Andockstutzen (PMA-2) von Harmony gelagert wurden.
Bei dem Anflug von Sojus-TMA 01M im Oktober 2010 hatte es ein Problem mit einem Analog-Digitalwandler gegeben, so dass damals einige Werte auf der Neptun-Konsole der Rückkehrkapsel nicht angezeigt werden konnten. Um diesen Fehler zu analysieren, wurden mit Progress-M 08M ein Datenkabel und eine Diagnose-CD angeliefert. Alexander Kaleri prüfte damit die Datenprotokolldateien des Bedienfeldes, um die Ergebnisse den Fachleuten am Boden zu übersenden. Erste Erkenntnisse sprechen von einem Hardwareproblem, welches verhindert, dass der Wandler angesprochen wird. Alexander Kaleri führte einige Tage später dazu weitere Untersuchungen in Sojus-TMA 01M durch. Zunächst kontrollierte er Sicherungen in ihrem Sicherungskasten und überprüfte mit einem Multimeter-Messgerät die Spannungen zwischen den Anschlüssen im Stromverteiler. Die Ergebnisse wurden im Anschluss zur Erde übertragen.
Die russischen Besatzungsmitglieder der Internationalen Raumstation führen ein neues Experiment durch, das Wissenschaftlern helfen soll, neue Materialien und Elektronikgeräte zu entwickeln. Das Experiment, Coulomb Crystal genannt, ist eine Studie von geladenen Partikeln und deren Dynamik in einem Magnetfeld. Da es auf der Erde problematisch durchzuführen ist, wurde es mit Progress-M 08M zur ISS gebracht, um in der Mikrogravitation zu experimentieren. Die Ergebnisse sollen eine weitere praktische Anwendung in der Mikroelektronik, den Nanotechnologien und der Produktion von neuen Lichtquellen haben. Ebenfalls mit Progress-M 08M gelangte ein europäischen Experiment mit dem Namen SPHINX zur ISS. Es wurde von Oleg Skripotschka zum Columbus-Labormodul transportiert und dort von Scott Kelly in den vorgewärmten KUBIK-6-Brutkasten eingebaut. Kameraüberwacht wurde es gestartet und soll erforschen, wie sich Innenwandzellen von Venen der menschlichen Nabelschnur in der Mikrogravitation verhalten. Damit sollen bessere Kenntnisse über Endothel-Zellen für klinische Anwendungen gewonnen werden.
Fjodor Jurtschichin, Kommandant von Sojus-TMA 19, begann damit, sich auf die Rückkehr zur Erde am 26. November 2010 vorzubereiten. Er benutzte dafür die russische Tschibis-Anzughose, bei der ein Unterdruck auf den unteren Teil des Körpers einwirkt. Dadurch werden die Muskeln in den Beinen für die Rückkehr in die Schwerkraft trainiert und der Kreislauf gestärkt. Doug Wheelock und Shannon Walker, ebenfalls zur Besatzung von Sojus-TMA 19 gehörend, begannen einige Tage darauf ebenfalls sich körperlich auf die Rückkehr zur Erde vorzubereiten. Ab Mitte November 2010 müssen alle drei Rückkehrer verstärkt Vitamine und Salz zu sich nehmen und ihr Trainingsprogramm intensivieren.
Scott Kelly und Shannon Walker führten eine weitere Versuchsreihe mit SPHERES durch. Dabei geht es um eine Studie mit drei bowlingkugelgroßen Experimentalsatelliten, um Techniken zu studieren, die zu Verbesserungen bei automatischen Anlegemanövern, Satellitenreparaturen, dem Zusammenbau von Raumfahrzeugen und Notfallreparaturen geeignet sind. Diese drei freischwebenden Satelliten können synchronisiert Abstand halten, sich aufeinander zubewegen und im Raum orientieren.
Zu dieser Zeit traten einige kleinere Probleme auf der ISS auf. Doug Wheelock beschäftigte sich mit der Ventilation auf der Steuerbordseite des Harmony-Knotens. Da die Schlafkabine 5 nur noch vermindert belüftet wurde, musste der Luftkanal vom Restsystem isoliert und gereinigt werden. Am Universal-Trainingsgerät ARED (Advanced Resistive Exercise Device) wurden Beschädigungen festgestellt. Nur durch den Austausch eines Übungsseiles, von Scott Kelly durchgeführt, konnte das Trainingsgerät wieder genutzt werden. Ein weiterer Problemfall trat am Laufband TVIS im russischen Swesda-Modul auf, als die Besatzung beim Training ungewöhnliche Geräusche bemerkte. Doug Wheelock und Alexander Kaleri führten eine Geräuschmessung im unbemannten Zustand durch, indem sie ein Mikrofon an dem Gerät befestigten, es laufen ließen und Aufnahmen für die Analyse am Boden anfertigten.
Zum Veterans Day in den USA, welcher am 11. November 2010 begangen wurde, sendeten Doug Wheelock und Scott Kelly, beide Angehörige der US-Streitkräfte, ihre Anerkennungsgrüße für alle amerikanischen Frauen und Männer des Militärs zur Erde. Wheelock und Kelly zeigten, während sie sprachen, eine Tapferkeitsmedaille, die dem Armeesergeanten Lester R. Stone verliehen wurde. Dieser verlor bei der Erfüllung seiner Pflicht in Vietnam am 3. März 1969 sein Leben.
In Vorbereitung auf den russische Weltraumausstieg 26 von Fjodor Jurtschichin und Oleg Skripotschka wurden die Luken von Progress-M 08M geschlossen und der Raumfrachter zum Abdocken bereit gemacht. Das ist nötig um das Docking- und Schleusenmodul Pirs während der Außenbordarbeit (russ. Wuichod v otkruitui Kosmos = Ausstieg in den offenen Weltraum) als Luftschleuse nutzen zu können. Progress-M 08M müsste die ISS zeitiger als geplant verlassen, sollte es nicht gelingen, Pirs nach dem Ausstieg wieder unter Druck zu setzen. Ein Zugang zum Raumfrachter wäre dann nicht mehr möglich und seine Mission somit erfüllt.
Der russische Weltraumausstieg erfolgt an 15. November 2010. Er startete um 15:54 Uhr MEZ mit dem Öffnen der Luke des Docking- und Schleusenmodul Pirs, eine halbe Stunde später als geplant. Fjodor Jurtschichin trug den Raumanzug Orlan-MK mit der Nummer 5 und den roten Streifen, Oleg Skripotschka benutzte den Orlan-MK mit der Nummer 4 und den blauen Streifen. Erneut kam ein amerikanisches Videosystem an dem Helm von Oleg Skripotschka zum Einsatz. Für das U.S. EHIP (EMU Helmet Interchangeable Portable) genannte Videosystem wurden von russischer Seite extra verschiedene Distanzstücke entwickelt, um die US-Kameras und Lampen montieren zu können.
Ziele der Außenmission waren, eine Arbeitsstation an der Steuerbord-Seite des Swesda-Moduls anzubringen, die Thermalisolierung der Öffnungen des russischen Sauerstoffgenerators Elektron zu reinigen und an Rasswjet eine Fernsehkamera von einem Ende zum anderen umzusetzen. Diese Kamera konnte leider nicht wieder montiert werden und ist für weitere Untersuchungen in die ISS eingeschleust worden. Weiter wurde das Kontur-Experiment (Rokviss) gereinigt und geborgen, die Experimental-Hardware von EXPOSE-R und Plasma-Pulse-Injector demontiert und ein neues Materialexperiment an Rasswjet montiert. Außerdem nahm man Oberflächenproben von Swesda und Pirs. Nach 6 Stunden und 28 Minuten endete um 22:23 Uhr MEZ dieser recht anspruchsvolle Außeneinsatz mit dem Einschleusen. Es war der fünfte Weltraumaustieg für Fjodor Jurtschichin, Oleg Skripotschka hingegen befand sich das erste Mal im freien Raum.
Eine weitere Besonderheit bei russischen Ausstiegen ist, dass alle Luken des Transfertunnels vom Swesda-Modul geschlossen werden müssen. In dem Fall, dass das Schleusenmodul Pirs aus einem technischen Grund nicht wieder unter Druck gesetzt werden kann, würde dieser Transfertunnel als Notluftschleuse dienen. Daher begaben sich Scott Kelly und Alexander Kaleri während des Ausstiegs am 15. November 2010 in ihr Rückkehrraumschiff Sojus-TMA 01M bzw. das angrenzende Modul Poisk um dort weiterzuarbeiten, so wurde zum Beispiel das russische Experiment TEKh-15/Dakon-M Izgib eingesetzt, um Strukturdynamik-Daten während des Ausstieges zu ermitteln. Kommandant Doug Wheelock und Shannon Walker hingegen konnten im amerikanischen Segment der Station verbleiben, da sie von dort Zugang zu ihrem Rückkehrraumschiff Sojus-TMA 19 hatten.
Nach dem russischen Außeneinsatz gab es einige Arbeiten, die noch weiterführend zu erledigen waren. Fjodor Jurtschichin und Oleg Skripotschka öffneten die Luken des Transfertunnels vom Swesda-Modul, stellten die Systemkonfigurationen im Swesda-Modul wie vor dem Ausstieg her, installierten eine Luftleitung an der Pirs-Luke, präparierten ihre Orlan-MK-Raumanzüge zum Trocknen und absolvierten ihren zweiten biochemischen Urintest MO-9 „Urolux“ an diesem Tag. Auch am Tag darauf fanden dazu etliche Aktivitäten statt. Zum einen wurde Progress-M 08M wieder in die Stationsstruktur eingebunden und zum anderen nahmen Fjodor Jurtschichin und Oleg Skripotschka die Nachbereitung ihres Außeneinsatzes vor. Bei Progress-M 08M wurden die Luken geöffnet, Lüftungsschläuche gelegt und die Systeme deaktiviert. Die beiden Kosmonauten verstauten ihre Orlan-MK-Raumanzüge, bauten deren Akku-Packs zum Laden aus, sichteten Werkzeuge und führten Nachbesprechungen mit dem Bodenpersonal durch. Medi-Packs, welche zeitweilig im Schleusenmodul Pirs befestigt waren, wurden ins Swesda-Modul transportiert.
Shannon Walker bereitete eine weitere Messreihe mit einem Gerät zur Masseermittlung von Menschen im All vor. Dieses SLAMMD (Space Linear Acceleration Mass Measurement Device) genannte Gerät arbeitet nach dem zweiten Newtonschen Gesetz, wobei hier mit dieser Apparatur die Masse durch lineare Beschleunigung ermittelt wird. Zwei Federn wirken dabei mit einer definierten Kraft per Hebel auf einen Menschen, die daraus resultierende Beschleunigung wird ermittelt und damit die Masse der Person bestimmt. Dadurch können Rückschlüsse auf das Gewicht von Personen während eines Langzeitaufenthaltes im All gezogen werden.
Die gemeinsame Arbeit der Langzeitbesatzung 25 neigte sich ihrem Ende entgegen. Die Vorbereitungen auf die Rückkehr von Doug Wheelock, Fjodor Jurtschichin und Shannon Walker beinhalteten eine Übung der Rückkehrprozeduren in Sojus-TMA 19, das Verladen der Rückkehrfracht in die Landekapsel, das Verstauen von nicht mehr benötigten Gegenständen im Orbitalmodul und die Einlagerung von Themalschutzkleidung im Rückkehrmodul. Diese wird für eine Notfalllandung unter winterlichen Bedingungen mitgeführt. Weiter stand eine Sitzprobe in Sojus-TMA 19 auf dem Aufgabenzettel. Diese ist nötig, um die Spezialsitze, welche den Stoß bei der Landung abfedern, richtig einzustellen. Raumfahrer können bei einem Langzeitaufenthalt im All an Masse verlieren und werden in der Regel durch die fehlende Schwerkraft einige Zentimeter größer. Die Kazbek-UM-Schalensitze haben zwei Einstellmöglichkeiten, aufgerichtet und liegend. Sie werden individuell für jeden Raumfahrer eingestellt, damit die Stoß-Absorber im aufgerichteten Schalensitz bei der Landung ordnungsgemäß funktionieren.
Es wurden etliche Übergabeprozeduren an die drei auf der ISS verbleibenden Besatzungsmitglieder durchgeführt. So hat man die verschobenen Robotik-Operationen mit Canadarm2 für die Discovery-Mission gemeinsam besprochen und simuliert, Fototrainings für die Kontrolle des Hitzeschutzschildes der Discovery durchgeführt und die neuen Rollen für Notfälle und alle Verantwortlichkeiten erörtert. Die Betreuung und Durchführung von Forschungsreihen und etlichen laufenden Experimenten gehörten ebenso zu den Übergabeaktivitäten. Für den russischen Teil der ISS erfolgte eine gesonderte Formalität, Fjodor Jurtschichin und Alexander Kaleri signierten zwei Übergabeprotokolle für die russischen Module und den Inhalt der Progress-Transporter. Ein Exemplar des Protokolls verbleibt auf der Station, das zweite fliegt morgen mit der Sojus-Rückkehreinheit zur Erde zurück. Am 24. November 2010 gegen 22:25 Uhr MEZ erfolgte die Übertragung des Kommandos und der Verantwortung vom alten Kommandanten der ISS Doug Wheelock an seinen Nachfolger Scott Kelly. Dieser „Change of Command Ceremony“ genannten Feierlichkeit gingen einige Arbeitsübergaben der letzten Tage voraus, um Scott Kelly seinen Start als Kommandant der ISS und als Leiter der morgen beginnenden Langzeitbesatzung 26 zu erleichtern.
Am Morgen des 25. November um 06:03 Uhr MEZ erfolgte erneut eine Bahnanhebung durch den am Heck des Swesda-Moduls koppelnden Progress-Transporter. Wie das russische Flugleitzentrum (ZUP) berichtete, wurden die acht Lageregelungs- und Annäherungstriebwerke von Progress-M 07M für 7 Minuten und 38 Sekunden gezündet und hoben die mittlere Umlaufbahn der ISS um 1,7 Kilometer auf insgesamt 351,6 Kilometer an. Diese Optimierung der Flughöhe für die Ankunft von Sojus-TMA 20 und das Space-Shuttle Discovery im Dezember lief weitestgehend ohne die Hilfe der sechs Mitglieder der Langzeitbesatzung 25 ab. Die entsprechenden Befehle kamen von der Erde und wurden automatisch ausgeführt.
Am Abend des 25. November 2010 verabschiedeten sich die drei Rückkehrer von ihren auf der ISS verbleibenden Kollegen und schlossen gegen 22:50 Uhr MEZ die Luken des Raumfahrzeuges. Die Abkopplung erfolgte am nächsten Tag um 2:23 Uhr MEZ und Sojus-TMA 19 mit Kommandant Fjodor Jurtschichin an den Kontrollen entfernte sich vom Kopplungs- und Forschungsmodul Rasswjet. Damit endete offiziell die ISS-Expedition 25. Nach knapp zweieinhalb Stunden Flug und einigen Bahnmanövern wurden die Bremstriebwerke für einige Minuten aktiviert, um die endgültige Rückkehr zur Erde einzuleiten. Die Landekapsel von Sojus-TMA 19 ging planmäßig, nur 1,5 Kilometer von der berechneten Landestelle entfernt, in der kasachischen Steppe nieder. Nach der erfolgreichen Landung von Fjodor Jurtschichin, Doug Wheelock und Shannon Walker um 5:46 Uhr MEZ im vorhergesehenen Landegebiet, 80 Kilometer nördlich der Stadt Arqalyq in Kasachstan, wurden erste medizinische Werte geprüft. Alle drei Besatzungsmitglieder überstanden Rückkehr und Landung in gesundheitlich gutem Zustand. Sie wurden nach der Bergung zuerst nach Qostanai/Kasachstan gebracht, um dann entweder in das russische Kosmonauten-Ausbildungszentrum nahe Moskau oder in die USA weiterzureisen.
Verwandte Artikel:
- Die Langzeitbesatzung 25 übernimmt die ISS
- Digitalisierte Sojus erreicht die ISS
- Sechsköpfige ISS-Stammbesatzung beginnt Arbeit
- Vielfältige Arbeiten auf der ISS
- Progress-M 05M verlässt die ISS
- ISS erneut auf Sicherheitsabstand zu Weltraumschrott
- Progress-M 08M im manuellen Modus angekoppelt
- 10 Jahre bemannte Raumstation ISS
- Vorbereitungen und neue Experimente auf der ISS
- ISS-Besatzung bereit für Außenmission
- Zwei Expedition-25-Mitglieder absolvieren Ausstieg
- Rückkehrvorbereitungen der Besatzung von Sojus-TMA 19
- Kommandoübergabe und eine Bahnanhebung
- Besatzung von Sojus-TMA 19 sicher gelandet