Jahresrückblick der Raumfahrt 2013

Das Jahr 2013 ist vorbei und die Gelegenheit gekommen, ein Fazit zu ziehen. Erneut ist viel passiert auf dem Gebiet der Raumfahrt. Eine ganze Reihe neuer Raketen wurde erprobt, die Marsforschung ist weiter sehr aktiv, private Firmen in den USA versuchen, einen Fuß in die Tür zu bekommen und aus dem Reich der Mitte kamen in diesem Jahr gleich zwei spannende Missionen.

Ein Beitrag von Günther Glatzel. Quelle: Raumfahrer.net.

Im Juni startete das Raumschiff Shenzhou 10 mit dreiköpfiger Besatzung zur Raumstation Tiangong 1 und man ließ die Öffentlichkeit via Fernsehen an diesem Ereignis teilhaben. Dazu gehörte auch eine Unterrichtsstunde für Millionen chinesische Schüler aus dem All. Gleichzeitig erfuhren wir, dass China in den kommenden Jahren noch viel vor hat. Dazu gehört die Vorbereitung einer größeren Raumstation mit regelmäßigen Besatzungen und die Entwicklung neuer Trägerraketen, deren Erprobung 2014 beginnen soll.

Über das gesamte Jahr 2013 hinweg kamen neu entwickelte Raketen zu ihren Ersteinsätzen. Im Januar brachte die südkoreanisch-russische Koproduktion Naro 1 im dritten Versuch eine Nutzlast in einen Erdorbit, im April schaffte dies die US-amerikanisch-russisch-ukrainische Koproduktion Antares. Im September gab es gleich 4 Premieren: Minotaur 5 aus den USA, Epsilon aus Japan, Kuaizhou aus China und Falcon 9 v1.1 aus den USA. Darunter befanden sich drei Raketen, bei denen Feststoffe zum Antrieb verwendet wurden. Kurz vor Jahresschluss hatte schließlich auch die kleine Sojus (Sojus 2.1W) ihren Jungfernflug.

Eigentlich sollte 2013 zum Jahr der Kometen werden. Es gab zwar auch eine ganze Reihe von Schweifsternen zu beobachten, eine prachtvolle Erscheinung wie Hyakutake war allerdings nicht dabei. Im Frühjahr erfreuten uns C/2012 L2 (Linear) und vor allem C/2011 K4 (PanSTARRS), im Herbst eher C/2013 R1 (Lovejoy) und 2/P Encke, während der angekündigte Star C/2012 S1 (ISON) bei seiner nahen Sonnenpassage „verpuffte“. Zumindest aber konnte der Komet von der Südhalbkugel der Erde aus und mittels verschiedener Raumsonden genauer unter die Lupe genommen werden. Dass die Grenze zwischen verschmutzten Eiskörpern und vereisten Gesteinsbrocken fließend ist, bewies das Objekt P/2013 P5 im Asteroidengürtel, das man aufgrund seiner Ausgasungen zunächst für einen Kometen gehalten hatte.

Dafür sorgte bereits am 15. Februar eine andere Leuchterscheinung am Himmel über Tscheljabinsk für Diskussionen und Schlagzeilen in Breitenmedien: ein Bolide zerplatzte 50 km über der Millionenstadt und verursachte sichtbare Schäden und einige Verletzte. Am 22. Mai konnte zudem ein heller, von der Erde aus beobachtbarer Meteoroideneinschlag auf dem Mond registriert werden.

2013 wurde auch zum Jahr der Laserkommunikation in der Raumfahrt. Bei drei verschiedenen Gelegenheiten wurde diese Technologie erprobt. Zunächst wurde der Laser-Höhenmesser des Lunar Reconnaissance Orbiters dazu „missbraucht“, Signale von einer Laserstation in den USA zu empfangen und zu einem Bild der Mona Lisa zusammenzusetzen, was wegen einer ausgeklügelten Fehlerkorrektur auch sehr gut gelang. Dann wurden Daten vom russischen Segment der ISS via Laser zu einer Empfangsstation im Ural und umgekehrt übertragen. Die erste reguläre Verwendung eines Laserkommunikationssystems wird seit wenigen Wochen zwischen der NASA-Mondsonde LADEE und einer Bodenstation in den USA erprobt. (Vorversuche hat es aber bereits seit 2001 gegeben, u.a. mit dem ESA-Satelliten Artemis.)

Roskosmos
Spektr-R im All – Impression (Bild: Roskosmos)

Die Radioastronomie hat in diesem Jahr auch zwei neue, großartige Systeme in Betrieb genommen. Zum einen liefert das Weltraumteleskop Spektr-R (Radioastron) nach langer Kalibrierungsphase nun Messwerte, die mit denen bodengestützter Radioteleskope abgestimmt werden und somit eine Auflösung ermöglichen, die aufgrund ihrer Basisbreite von mehr als 300.000 km bisher unerreicht war. Zudem ist nun auch das Atacama Large Millimeter/Submillimeter Array (ALMA) komplett und kann sowohl weiträumig als auch gezielt und mit hoher Genauigkeit Radioquellen im Universum anvisieren.

An dieser Stelle möchte sich die Redaktion bei unserem mehrjährigen Autor Stefan Heykes bedanken, der viele Meldungen zur russischen Raumfahrt und zur Astronomie, speziell der Radioastronomie akribisch recherchiert und ausführlich aufgearbeitet hat, wie Sie im Folgenden zum Teil noch einmal nachlesen können.

Auf dem Gebiet der Planetenforschung ist Ralph-Mirko Richter unser Spezialist, der zuverlässig, regelmäßig und sehr ausführlich über die Missionen der Merkursonde Messenger, aller aktiven Marssonden, des Saturn-Orbiters Cassini sowie über weitere Ereignisse im Zusammenhang mit Planeten, Asteroiden, Kometen oder Deep-Sky-Objekten berichtet. So hat Messenger mittlerweile den Planeten Merkur komplett in hoher Auflösung erfasst, Curiosity Bohrer und chemisches Labor in Betrieb genommen und Cassini den Saturn, seine Ringe sowie viele seiner Monde eingehend untersucht. Ein paar ausgewählte Meldungen seien hier noch einmal verlinkt.

ESA
Gaia im All – Impression (Bild: ESA)

Ein großes Thema 2013 waren auch die Exoplaneten. Mittlerweile ist die Zahl bestätigter Entdeckungen auf über 1.000 angestiegen, darunter befinden sich auch einige in Erdgröße. Leider ist das Hauptinstrument der Planetenjäger im Weltall, der NASA-Satellit Kepler, mittlerweile nur noch eingeschränkt einsetzbar. Mit Gaia ist bereits ein Nachfolger auf dem Weg zum Lagrangepunkt 2, der allerdings in erster Linie unsere Galaxie vermessen soll.

Statistische Überlegungen auf Basis der Kepler-Entdeckungen ergaben, dass es mindestens 100 Milliarden Planeten in unserer Galaxie geben muss, darunter wohl mehrere Milliarden erdähnliche. Der nächste Planet mit Leben außerhalb unseres Planetensystems sollte mit hoher Wahrscheinlichkeit nur wenige Lichtjahre von uns entfernt sein. Dies ist u.a. ein Lieblingsthema unseres Redakteurs Hans Lammersen.

Neue Firmen versuchen, neue Ideen und Innovation in die Raumfahrttechnik zu bringen, aber auch ökonomisch zu punkten. Erfolge und Rückschläge sind hier an der Tagesordnung, letztlich überwiegen aber die positiven Zeichen. Mittlerweile wird die ISS von derartigen Neuentwicklungen beliefert, neue bemannte Raumschiffe zeichnen sich am Horizont ab und auch dem Thema Wiederverwendbarkeit widmet man sich. Der Weltraumtourismus auf ballistischen Bahnen steht noch immer vor der Tür, hat nun aber die Hand in Richtung Klinke ausgestreckt. Auf diesem Gebiet verdanken wir Roland Rischer einen guten Teil interessanter Meldungen, aber auch mein Herz schlägt für die Newcomer wie Falcon 9R, Spaceship Two oder Dream Chaser.

NASA
Experimentelles Arbeiten an Bord der ISS (Bild: NASA)

Die Internationale Raumstation nimmt einen großen Teil in unserer Berichterstattung ein, ist sie doch das Raumfahrzeug, in dem das Leben im All geprobt wird, in dem flexibel auf Anforderungen reagiert wird, das einen Großteil der Raumfahrtbudgets der beteiligten Länder und Organisationen in Anspruch nimmt und das am einfachsten mit bloßem Augen beim Überflug von der Erde aus zu sehen ist.

2013 wurden viele Außenbordarbeiten ausgeführt, die zum Teil der Erweiterung der Station, zum Teil der Installation oder Deinstallation von Experimenten (Materialwissenschaften, Kommunikation, Erderkundung, Atmosphärenforschung) oder der Reparatur einzelner Komponenten dienten. An Bord wird ebenfalls geforscht, hier vor allem zur Biologie, Medizin und Physik. Im Februar wurde ein Ergebnis präsentiert, dass für Millionen Menschen auf der Erde Linderung oder gar Heilung verschiedenster Autoimmunerkrankungen bedeuten könnte.

Während man auf der Erde Erfolge mit der Entdeckung des Higgs-Bosons feierte, konnten mit dem AMS, dem größten Teilchenenxperiment der Menschheit im All, bisher keine Teilchen der Dunklen oder Anti-Materie aus den Tiefen des Alls nachgewiesen werden.

2013 wurden auch Erweiterungen und Umbauten an der Internationalen Raumstation beschlossen. So wollen NASA und Roskosmos weitere, zum Teil entfaltbare Module hinzufügen und die Unterseite am US-basierten Teil soll für Frachtschiffe frei gemacht werden, da diese in Zukunft regelmäßig dort per Manipulatorarm anlegen werden.

Um Starts, Landungen, Verträge, Ausrüstungen und ein weites Spektrum an wissenschaftlichen und technischen Neuheiten aus Astronomie, Raumfahrt und Politik bemühten sich u.a. die Autoren Michael Clormann, Daniel Maurat, Thomas Weyrauch und ich.

Zuletzt erfreute uns noch die erstmalige Landung eines chinesischen Raumfahrzeugs auf einem anderen Himmelskörper, nämlich dem Mond. Dabei war auch ein kleines Fahrzeug mit dem Namen Yutu, das bereits die ersten Meter auf dem Erdtrabanten zurück gelegt hat. Nach der Inbetriebnahme- und Erprobungsphase erwarten wir durchaus einige neue wissenschaftliche Erkenntnisse, die mittels Kameras, Bodenradar, IR-Spetrometer, Alpha-Röntgen-Spektrometer, Mikroskop, Extrem-UV-Kamera und UV-Teleskop gewonnen werden. Gegenwärtig befinden sich Lander und Rover in einem Ruhezustand, in dem sie auch den Silvesterabend „verschlafen“ werden.

Unser Dank gilt auch den Autoren, die sich bei besonderem Interesse und mit Freude hin und wieder den Luxus einer Meldung bei Raumfahrer.net leisteten: Kirsten Müller, Gertrud Felber, Frank Rinas, Oliver Karger, Sascha Haupt, Jan-Steffen Fischer, Andreas Weise, Daniel Schiller, Klaus Donath, Lars-Christian Depka und Thomas Brucksch.

Wir alle wünschen Ihnen einen guten Rutsch ins neue Jahr, viel Erfolg und Gesundheit und uns, dass Sie uns treu bleiben und auch 2014 wieder recht oft bei Raumfahrer.net reinschauen.

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